Weihnachten, writing friday

Die Wahl der Schneekugel Part 1 von 2

Der Writing Friday steht voll im Zeichen von Weihnachten

Meine heutige Geschichte teile ich wieder in zwei Parts, damit ihr nicht auf einmal soviel lesen müsst.

Du wachst auf in einer Schneekugel – wie sieht deine Welt darin aus?


Heute war ich in einem kleinen Dorf angekommen. Ein wunderhübsches Dorf. Es war schon dunkel und ich konnte die hübsche Weihnachtsbeleuchtung in den Fenstern und auf dem Dorfplatz bewundern. Da ich unangemeldet ankam, hoffte ich ein Zimmer zu bekommen. Ich fragte eine nette ältere Dame und sie antwortete mir, dass in dem großen Haus auf dem Hügel ein Bed and Breakfast angeboten würde.

Ich startete den Wagen und fuhr langsam die verschneite Straße nach oben. Leider war es zu dunkel um die Gegend zu erkennen. Eine wunderschöne, mit Lichterketten geschmückte Einfahrt hieß mich Willkommen. Ich stellte den Wagen ab und klopfte an die Tür.

Von Innen hörte ich ein Schlurfen. Es war schon spät und ich war mir bewusst, dass es schon unhöflich war, um diese Zeit an jemandes Tür zu klopfen. Ich hoffte, dass die alte Dame Recht hatte und es hier ein Zimmer für mich gab. Das würde mein schlechtes Gewissen wenigstens etwas mildern.

Die Tür öffnete sich und ein älterer Mann im karierten Bademantel und Schlafmütze öffnete mir die Tür. Ich riss erschrocken meine Augen auf. „Oh, es tut mir so leid, dass ich sie aus dem Bett geholt habe. Mir wurde gesagt, hier wäre ein Bed and Breakfast.“ Der alte Mann betrachtete mich von oben herab. Ich dachte, er würde mir jetzt die Tür vor der Nase zuschlagen, als ich im Hintergrund eine Stimme vernahm. „Edgar? Wer ist denn da?“ „Ein Gast.“ Brummte er. „Eine junge Frau.“ Hinter Edgar vernahm ich erneut ein Schlurfen und eine schmale Hand legte sich auf seine Schulter, um ihn unsanft beiseite zu ziehen. „Hallo meine Liebe, kommen sie doch rein, es ist ja so kalt hier draußen. Haben sie Gepäck?“ „Äh, ja im Kofferraum. Ich hole es schnell.“ „Nein, nein. Edgar, sei so lieb und hol doch das Gepäck.“ Er blickte sie verdattert an und fügte sich. Grummelnd ging er zu meinem Auto und holte meinen kleinen Reisekoffer. „Oh, viel haben sie ja nicht, sie bleiben wohl nicht lange?“ Fragte die Frau. „Nein ich bin nur auf der Durchreise.“ „Ach wie schade. Nun kommen sie schon. Ich mach ihnen schnell ein Sandwich und eine heiße Schokolade. Dann zeige ich ihnen das Zimmer. Formalitäten erledigen wir dann morgen. Okay?“ Ich nickte nur überwältigt von ihrem Elan. „Okay. Ach ich heiße Miriam.“ „Oh ein hübscher Name. Ich bin Eleonore und das ist Edgar. Hier setzen sie sich, ich bin gleich wieder da. Edgar, bring doch ihren Koffer schon hoch und geh zurück ins Bett.“ Er grummelte immer noch und ging langsam, mit meinem Koffer nach oben. Das Haus war zauberhaft. Ein geräumiger Flur führte zu einer hübschen breiten Treppe, in der Mitte des Raumes. Sanft geschwungen lud sie einen ein, nach oben zu gehen. Das Geländer war mit Girlanden und hübschen roten Schleifen geschmückt. Ein kleiner Weihnachtsbaum stand in der linken Ecke. An den Wänden hingen weihnachtliche Bilder und überall glitzerten Sterne und Girlanden. „Das ist so schön geschmückt bei ihnen.“ „Oh ja – wir lieben Weihnachten einfach. So ist es immer bei uns.“ Ich überhörte das Immer. Immer an Weihnachten halt.

„Was machen sie denn hier zu dieser Jahreszeit?“ Fragte Eleonore mich. „Arbeit. Mein Chef hat mich zu einem Hotel geschickt, dass von uns getestet werden soll. Ich arbeite in einem Reisebüro. Und da ich alleinstehend, ohne sonstige Familie bin, musste ich fahren.“ „Ach wie schön, äh schade, dass sie so alleine sind. Weihnachten ist das Fest der Familie und Freunde. Setzen sie sich, ich komme sofort wieder.“ Ich befand mich in einem kleinen gemütlichen Zimmer mit einem Kamin und vielen Bücherregalen. Ach, das war auch so schön geschmückt. Eher nostalgisch mit viel Holzfiguren und Schleifchen. Sehr gemütlich. Im Kamin glommen noch die letzten Holzscheite und es war noch gemütlich warm. Ich schaute mich um und setzte mich in einen bequemen Ohrensessel. Schon kam Eleonore zurück und drückte mir einen Teller mit einem Sandwich in die Hand und stellte eine Tasse dampfender Schokolade auf den Beistelltisch.

„So, hier essen sie was und trinken sie die leckere Schokolade. Mit einem ganz besonderem Gewürz. Das gibt es nur hier bei uns und ist sehr geheim. Aber es schmeckt so hervorragend – sie werden nie wieder hier wegkönnen – ähm wollen.“ Ich stutzte. Eleonore verhielt sich wirklich etwas seltsam. So aufgedreht. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich sie aus dem Bett geholt habe. „Wie lange bleiben sie, hatten sie gesagt?“ „Eigentlich nur heute Nacht.“ Aber in Gedanken sah ich mich hier schon ein paar Tage länger aushalten. Vielleicht konnten wir dieses gemütliche Bed and Breakfast in unseren Katalog aufnehmen. Ich nahm mir vor, morgen das Dörfchen zu erkunden. Ich würde ein paar Fotos machen und meinem Chef vorlegen. Warum nicht mal Weihnachten in einem traditionellen Dorf?

Das Sandwich und die heiße Schokolade taten ihre Wirkung. Ich wurde schläfrig. Eleonore verließ das Zimmer und kam mit einer Decke wieder. Dieser Sessel war so groß und bequem, dass ich sofort einschlief. Im Dämmerzustand hörte ich Eleonore mit ihrem Mann flüstern: „Willst du sie hier liegen lassen?“ „Ja, ja. Die Schokolade hat ihren Dienst erfüllt. Sie soll schön schlafen und morgen werden wir weiter sehen. Es wird ihr schon hier gefallen. Ich spüre es. Sie hat das gewisse Etwas. Sie gehört hier her. Warte bis morgen noch Noah kommt.“ „Noah? Wer ist denn Noah?“ „Ach, hörst du mir denn überhaupt mal zu. Das ist der andere Neuankömmling. Er wird morgen erwartet.“ Edgar rollte mit den Augen. „Zu viel neue Bewohner.“ Murmelte er. „Schnick-Schnack. Es wird Zeit. Es ist jetzt schon Jahrhunderte her, dass wir neue Bewohner bekommen haben. Es wird Zeit.“

Miriam fiel in einen tiefen Schlaf. Tief und traumlos. Sie erwachte ausgeruht und so entspannt wie schon lange nicht mehr. Im ersten Moment war sie etwas orientierungslos. Sie war in diesem super bequemen Sessel eingekuschelt. Ein kleines Feuer prasselte in dem Kamin mit dem hübschen Kaminsims. An dem Sims waren mehrere Socken angebracht. Sie entfaltete sich aus dem Sessel und wickelte die Decke um sich. Kleine unsichere Schritte führten sie zu diesem Kamin. Auf den Socken standen Namen. Eleonore, Edgar und zwei weitere waren noch unbestickt. Dieses Zimmer wirkte wie aus einem Bilderbuch auf Miriam. Es strahlte eine Wärme aus. Sie fühlte sich so geborgen. Wehmütig dachte sie an die Tage, die vor ihr liegen sollten. Ein unpersönliches Hotelzimmer und Weihnachten im Hotelrestaurant. Sehr romantisch.

Ein dumpfes Klopfen hallte durch das Haus. Miriam erschrak aus ihren düsteren Gedanken. Sie ging zur Tür dieses Zimmers und öffnete sie lautlos. Wieder hatte Edgar die Eingangstür geöffnet. Eine Männerstimme war zu vernehmen. Sie klang angenehm. „Guten Tag. Ich bin auf der Suche nach einem Zimmer. Ist bei ihnen was frei?“ Edgar brummelte schon wieder. Miriam musste lächeln. Das war also nicht nur, weil sie ihn aus dem Bett geklingelt hatte. Schnell schloss sie die Zimmertür und trat ans Fenster. Ein atemberaubender Blick eröffnete sich ihr. Das Dörfchen schien in einer Art Kessel zu liegen. Um das Dorf befanden sich verschneite Hügel, die mit dichten Tannenwäldern bewachsen waren. Die Tannen waren weiß bestäubt, als hätte Gott sein Sieb mit Puderzucker ausgepackt und darüber gestreut.

Aus den benachbarten Häusern konnte man aus den Schornsteinen die Rauchwolken erkennen. Alle Häuser waren hübsch geschmückt. Einige mit Lichterketten. Andere im klassischen Stil mit Tannenzweigen, Holzfiguren und Schleifen. Es war einfach traumhaft. Miriam drehte sich um und ging zurück zum Sessel. Er nahm sie auf wie einen alten Freund. Sie kuschelte sich wieder ein und zog die Decke bis unter das Kinn. Hier stimmte alles. Ein zaghaftes Klopfen ließ sie aufschrecken. „Ja bitte?“ „Guten Morgen meine Liebe. Haben sie gut geschlafen?“ „Herrlich. Ich fühle mich so entspannt und ausgeruht, wie schon lange nicht mehr.“ „Ich sagte doch, das geheime Gewürz in der Schokolade.“ Schmunzelte Eleonore. „Wir haben sie hier schlafen lassen. Ich hoffe, das war okay so?“ „Oh ja – der Sessel ist so bequem, da braucht man gar kein Bett.“ Lachte Miriam. „Was haben sie heute geplant, meine Liebe?“ „Eigentlich müsste ich ja weiter fahren. Aber ich will unbedingt dieses hübsche Dorf betrachten.“ „Oh, das ist toll. Wir haben einen neuen Gast. Vielleicht könnten wir sie auf unseren Weihnachtsmarkt begleiten. Heute Abend. Ein so schöner traditioneller Weihnachtsmarkt. Den müssen sie einfach sehen.“ „Oh ja. Das klingt toll. Ob ich einen Tag früher oder später in diesem neuen Hotel ankomme – wen interessiert das schon?“ „Ach, das freut mich. Kommen sie. Das Frühstück steht bereit.“

Miriam folgte Eleonore in die Küche. Es roch nach Weihnachten. „Ohh – hier riecht es aber toll.“ „Ja, ich habe schon mit der Weihnachtbäckerei angefangen. Dort hinten stehen die Lebkuchen.“ Ich drehte meinen Kopf und konnte so viel verschiedene Ausführungen des leckeren Gebäcks sehen. Ich konnte nicht verhindern, dass mir das Wasser im Mund zusammen lief. Eleonore lachte. „Bedienen sie sich nur.“ Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Schnell stand ich auf und nahm mir von jeder Sorte einen.

Es klopfte am Türrahmen. Ein junger Mann stand in der Tür und blickte uns unsicher an. „Äh, guten Morgen. Der Mann am Eingang hat mich hier hergeschickt. Ich soll mir hier ein Frühstück abholen? Das wäre toll, mir knurrt schon der Magen, so doll, dass ich Angst habe eine Schneelawine auszulösen.“ Ich lächelte schüchtern. Der Mann vor mir war etwa in meinem Alter. Er war nun wirklich keine Augenweide. Seine Haare waren braun und standen in alle Richtungen ab. Der Grund war wohl die Mütze, die er in der Hand hielt und unsicher knetete. Er trug ein Holzfäller Hemd eine Latzhose und hohe gefütterte Stiefel. Seine Augen waren grün und leuchteten. Sie waren das, was mich sofort gefangen nahm. Diese leuchtend grünen Augen. So musste ein Mensch aussehen, der zufrieden mit seinem Leben war. „Ja, natürlich, kommen sie doch herein und setzen sie sich. Wir vertilgen gerade meine Lebkuchen. Möchten sie auch einige oder lieber was Herzhaftes?“ „Ich sage nicht nein zu beiden.“ Meinte er. „Ah, schön. Ein junger Mensch mit gesundem Appetit. Kommen Sie, setzen sie sich. Das ist Miriam, unserer anderer Gast.“ Ich blickte ertappt auf, hatte ich mir doch gerade einen kompletten Lebkuchen in den Mund gestopft. Mit vollen Backen und Schokolade verschmierten Lippen, versuchte ich zu lächeln. Ich hoffte innigst, dass ich nicht zu schräg aussah. „Hallo, ich bin Noah. Sind sie länger hier?“ Immer noch nicht in der Lage zu sprechen, schüttelte ich den Kopf. Ich versuchte diesen Lebkuchen zu schlucken. Er weigerte sich standhaft. Vor mir stand eine Tasse Schokolade. Ich griff zu und nahm einige herzhafte Schlucke. Und er war frisch aufgekocht. Ich riss die Augen auf und öffnete erschrocken meinen Mund. „Uhhh – heiß, heiß, heiß. Uff.“ Noah blickte mich befremdlich an. Ich hatte einen perfekten ersten Eindruck hinterlassen. „Ähm, Entschuldigung. Ich bin eigentlich nicht so verfressen, aber diese Lebkuchen sind so genial. Ich bin Miriam und nur auf der Durchreise. Ich bleibe nicht lange.“ Er nickte und setzte sich neben mich. Dabei blickte er auf meinen Teller, auf dem ein Schlachtfeld hinterlassen wurde. Angebissene Lebkuchen und Krümel.

Eleonore rettet mich in dem sie ihm sein Frühstück präsentierte. Gebackene Eier mit Speck. „Wir wollten heute auf den Weihnachtsmarkt gehen. Sie kommen doch mit uns? Den dürfen sie nicht verpassen.“ Noah stopfte sich gerade eine Gabel mit Eiern in den Mund und hielt inne. Mit vollem Mund antwortete er: „Ja, aber natürlich.“ Es gab Menschen, die konnten mit vollem Mund reden, ohne dass ihnen etwas herausfiel. Ich gehörte nicht dazu. „Oh, das ist ja toll, dann treffen wir uns bei der Dämmerung hier. Toll, toll, toll. Ich überlasse sie dann mal ihrem Schicksal. Bis später.“

Eleonore verließ die Küche und wir beide blieben unbequem berührt zurück. „Äh, ja ich will mich dann auch mal aufmachen und mich bisschen umgucken. Wir sehen uns ja dann später?“ fragte ich. „Ja, klar, bis später.“

Schnell verließ ich die Küche. Ich war erleichtert. Mit Fremden auf persönlicher Ebene kam ich nicht so klar. Ich schnappte mir meine Tasche, in der meine Kamera war und trat nach draußen. Wieder konnte ich das atemberaubende Bild aus dem Fenster von vorher sehen. Die sanften Hügel schlossen dieses Dorf ein, wie eine gewölbte Hand, die etwas sanft aufhob. Ich hüpfte die Stufen hinab und begab mich nach rechts Richtung Dorf.

9 Gedanken zu „Die Wahl der Schneekugel Part 1 von 2“

  1. Es klingt alles so himmlisch, dass mein verdrehter Kopf irgendwie eine Horrorgeschichte erwartet. Ich bin wirklich gespannt, was du daraus machst, vor allem in Hinblick auf das Thema.
    Grüße,Katharina

    Gefällt 1 Person

    1. Ach nein, da war ich viel zu weihnachtlich angehaucht. Ist ganz kitschig harmlos. Aber hätte auch gut ein gruseliges Set werden können. 😊

      Like

Mit Absenden eines Kommentars erklärst Du Dich einverstanden, dass evtl. personenbezogene Daten (z.B. die IP-Adresse etc.) abgespeichert und für Statistiken von Wordpress weiterverarbeitet werden.

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..