Der #WritingFriday erscheint in einem neuen Gewandt.
Heute werden alle Geschichten aus dem 1. Quartal komplett noch mal veröffentlicht.
Writing Friday | Martins Café | März Geschichte
Eckdaten
Protagonist / Protagonistin: Martin Dubois 55 Jahre
Ort: Paris
Zeit: Jahr 1991
Schreibform: Geschichte
Der Anfang der Geschichte
Das Café Hommage an der Rue de Cologne war an diesem Morgen überaus gut besucht. Martin Dubois, lächelte zufrieden hinter seiner Theke. Er führte das Café bereits seit 1960 und in diesen vier Wänden steckte sein ganzes Leben. Die Tapete war mittlerweile mehr gelb als weiss aber seine Gäste störten sich kaum daran. Der Charme des Café Hommage war einmalig. Neben Martin arbeiteten der Koch Lui und die Servicedame Marie im Café. Martin kannte all seine Stammgäste und liebte es sich mit ihnen zu unterhalten, doch an diesem Morgen bemerkte er einen neuen Gast. Die Dame trug einen grossen Hut und war elegant gekleidet. Sie war sehr jung und schaute sich etwas verloren im Café um. Martin steuerte direkt auf sie zu und begrüsste sie freundlich. Die Dame hiess Caroline war Studentin und damit begann eine ganz besondere Beziehung…
Einstieg in die Geschichte (wähle zwischen einer der beiden Optionen aus und schreibe deine Geschichte weiter)
- Caroline besuchte Martin nun jeden Tag im Café, sie führten interessante Gespräche und dadurch erfuhr Caroline mehr über Martins Vergangenheit.
oder
- Caroline war sehr abweisend und mysteriös, doch Martin war fasziniert von ihr und da sie nun fast jeden Tag in seinem Café sass versuchte er sie immer wieder in Gespräche zu verwickeln.
Martin sprach gerade mit Henry. Ein pensionierter Lehrer. Sie tauschen sich gerne über die heutige Jugend aus. Henry war 60 Jahre Lehrer aus Leidenschaft gewesen. Und er konnte so einige Anekdoten erzählen. Die beiden setzen sich gerne mal zusammen, wenn das Café nicht so voll war und Martin hört gerne den Erzählungen zu. Ebenso auch Henry, wenn Martin über die Menschen berichtete, die sein Café in den letzten Jahren besucht hatten.
Ein Tätscheln auf die Schulter, ein Schluck aus einem Glas Likör und weiter an den nächsten Tisch.
Dort saß jeden Tag eine nette Dame, die kam, seit sie Witwe wurde. Das war vor 20 Jahren. Nach der Beerdigung ihres Mannes, flüchtete sie vor der Familie, mit der sie sich eh nie verstanden hat. Sie hatte die Liebe ihres Lebens verloren und sich total zurückgezogen. Das einzige war die eine Stunde am Tag in Martins Café. Manchmal tauschten sie sich aus über die Politik, Religion oder irgendwas anderes aus den Medien. Sie fanden immer ein Thema. Er winkte Marie.
„Marie, bring Madame Dumon bitte noch einen Kaffee und sag Lui in der Küche, er soll einen seiner leckeren Eclairs dazu legen.“ Marie nickte und verschwand in der Küche. Martin drehte seine Runde. Redete hier mal mit jemanden, dort, mal mit jemanden. Er war immer in Bewegung und nahm sich immer Zeit für seine Gäste, die ihn so treu besuchten. Seine Runde endete jedes Mal an der Bar. Da gönnte er sich einen Kaffee, beobachtete seine Gäste.
Über 30 Jahre betrieb er das Café schon. Er erinnerte sich. Sein Zug war vor einigen Tagen vom Land in Paris eingefahren. Seine Familie scherte sich nicht um ihn. Sie waren sechs Kinder und die Eltern waren froh über jedes, das auszog. Weniger Mäuler zu stopfen. Martin wanderte ohne Ziel, ohne Planung durch Paris, als er am Café Hommage vorbeischlenderte. Es war leer. Vor dem Café saß ein alter Mann auf seinem Hocker und rauchte seine Pfeife. Er saß dort und beobachtete die Leute.
„Hallo“, sagte Martin,
„Suchen sie Hilfe?“ Der Alte blickte auf. Seine Augen wirkten so voller Leben und Weisheit. Das ängstigte Martin etwas. Er fühlte sich nackt vor diesen Augen.
„Was kannst du denn?“ Fragte er.
„Alles was anfällt.“ Antwortete er.
„Hm…ja, du kannst anfangen. Ich hab sogar ein Zimmer für dich. Unter dem Dach ist was frei. Da kannst du bleiben.“ Martin war verblüfft. So schnell hatte er nicht damit gerechnet, einen Job zu finden. Der Besitzer hieß Antoine. Ein ruhiger Genosse. Er erzählte nicht viel. Zwei Kriege hatten ihn schweigsam gemacht. Als Antoine krankt wurde, pflegte Martin ihn. Er blieb bis zum letzten Atemzug. Martin seufzte. Das war schon 25 Jahre her.
Überrascht wurde Martin bei der Testamentseröffnung. Antoine hatte ihm das Hommage überschrieben. Er hätte nie gerührter sein können. Und seit dem führte er das Café.
Die Tapeten waren vergilbt. Er würde sie nicht streichen. Das war der Charme. Hier war Leben und die Wände könnten einige Geschichten erzählen. Jede Delle, jede Welle und jede Verfärbung hätte was zu berichten.
Martin war tief in Gedanken versunken, als die Glocke der Tür bimmelte. Eine junge Frau betrat das Café. Ihr Hut war groß. Wie von einer dieser Schauspielerinnen aus der Vergangenheit. Sie war elegant. Nicht von dieser Welt. Ein Schimmer umgab sie. Martin ging auf sie zu.
„Bonjour Mademoiselle. Kann ich ihnen helfen? Suchen sie jemanden? Möchten sie etwas trinken? Essen?“
Sie wirkte verunsichert. Als wüsste sie nicht, wie sie hier herkam. Ein Räuspern kam aus ihrem Mund.
„Ähm. Ja danke. Ich glaube, ich könnte einen Kaffee vertragen.“ Suchend nach einem Platz, nahm sie den Hut ab. Ihr Haar fiel ihr in eleganten Wellen auf den Rücken. Martin schob sie durch den vollen Raum in eine dunkle Ecke. Dort standen ein gemütlicher Sessel und ein kleiner Beitisch.
„Setzen sie sich. Ich bringe ihnen ihren Kaffee und ein Eclair. Sie sehen aus, als könnten sie was Süßes gebrauchen.“ Martin deutete einladend auf den Sessel und ging in die Küche.
Mit einem kleinen Teller und dem Kaffee ging er zurück zu der jungen Frau. Beides stellte er vor sie und zog sich zurück. Sie wirkte so zerbrechlich. So verängstigt. Als wäre ihre Welt gerade ins Wanken geraten. Deswegen ließ er ihr erst ein bisschen Zeit, um sich zu entspannen. Das Gemurmel seiner Gäste wirkte auch auf ihn immer beruhigend. Er drehte seine Runde. Lachte, hörte zu und gab immer die passenden Worte als Antwort. Aber sein Blick wanderte immer zu der jungen Frau, die in dem großen gemütlichen Sessel aussah wie ein kleines Mädchen, das aus einem bösen Traum erwacht war.
„Darf ich ihnen noch was bringen?“ Sie schreckte aus ihren Gedanken auf und blickte ihn verwirrt an.
„Vielleicht einen Likör?“, fragte sie ihn.
Schnell drehte er sich um, ging hinter die Theke und kam mit zwei Gläschen Likör zurück.
„Darf ich mich zu ihnen setzen?“ Sie nickte und er setzte sich zu ihr.
„Ich heiße Martin.“ Antwortete er auf die nicht gestellte Frage und erhob das Glas, um sie zum Anstoßen zu animieren.
Sie erhob ihr Glas ebenfalls.
„Mein Name ist Caroline.“ Und sie stoß an sein Glas. Ein kräftiger Zug und das Glas war leer.
„Der Name ist sehr schön. Ich kannte auch mal eine Caroline, in meinem Dorf.“ Sein Blick schweifte ab.
„Was machen sie hier? Wenn ich sie fragen darf, Caroline. Das ist nicht gerade ein Café, in dem sich die Jugend trifft.“
„Das ist genau der Grund, warum ich hier reinkam. Es wirkte so charmant von außen. So warm. Ich hatte das Gefühl, etwas würde mich hier reinziehen. Ich fühle mich hier geborgen, sicher.“
Martin nickte verständnisvoll. Auch er kannte das Gefühl. So erging es ihm, als er Antoine kennenlernte. Das Café schien ihn gerufen zu haben.
„Ich bin Studentin an der Sorbonne. Geschichte.“
„Geschichte. Ah, ein so spannendes Studienfach.“ Schwärmte er.
„Ja – aber auch sehr trocken. Viele Daten und Fakten. Aber auch wirklich spannend. Ich würde gerne noch Kunstgeschichte belegen. Zur Ergänzung.“
„Ich dachte mir schon, dass sie künstlerisch veranlagt sind. Sie wirken so emotional.“ Nickte er zustimmend.
Sie lächelte. „Ich muss gehen.“
„Ja natürlich. Es war schön, sie kennengelernt zu haben.“
„Danke.“
Martin begleitete Caroline zu Tür. Es tat ihm leid, dass sie ging. Sie hatte irgendwas an sich, das ihn fesselte. Ihre Zurückhaltung war nur oberflächlich, das spürte er. Er konnte die Kraft und Jugend in ihre spüren. Sie war elektrisierend.
Tatsächlich kam Caroline danach täglich. Martin freute sich und die beiden führten intensive Gespräche. Schnell war Caroline integriert. Nicht nur Martin war von ihr fasziniert. Sie brachte die Sonne in das Hommage. Sie taute von Mal zu Mal mehr auf und saugte nicht nur die Geschichten, die Martin ihr erzählen konnte auf, sondern auch von allen anderen. Sogar Madame Dumon lächelte öfter. Als könnte sie endlich ihre Trauer beiseiteschieben.
Caroline war nicht mehr wegzudenken. Sie kam Martin vor wie eine Tochter, die er nie haben würde. Er hoffte, sie würde immer wieder kommen, vielleicht sogar bleiben. Er freute sich jedes Mal wenn die Glocke über der Tür bimmelte und sie darin stand. Sich suchend umschaute und zu ihrem Sessel ging. Einen Kaffee, ein Eclair und ein Likör. Das wurde schon zur Tradition.
ERSTE WENDUNG
- Caroline tauchte nicht mehr im Café auf – Martin machte sich Sorgen…
oder
- Caroline tauchte gehetzt im Café auf und brauchte Martins Hilfe…
Es war noch früh am Tag. Das Café öffnete schon um 11 Uhr, um die ersten Kunden, die in der Pause einen Kaffee genießen wollten, empfangen zu können. Es war Montag und noch war kein Kunde da. Martin saß vor seinem Kaffee, ein Croissant auf dem Teller und eine Tasse Kaffee. Seine Zigarette verglimmte im Aschenbecher, da Martin in die Tageszeitung vertieft war.
Seit Caroline in sein Café kam, hat er sein Interesse an Kunst entdeckt. Schließlich war sie Kunststudentin. Wenn sie ihm von ihren Studien erzählte, leuchteten ihre Augen und nach und nach hatte sie ihn begeistern können. Er konnte nichts mit diesen modernen Künstlern anfangen, aber die alten Meister, die mochte er. Caroline und Martin waren in der Zwischenzeit gute Freunde geworden. Es war, als würden sie sich schon ewig kennen. Aber Martin spürte, dass immer eine dunkle Wolke über Carolin schwebte. Trotz aller Vertrautheit war dort ein Geheimnis.
Martin blätterte die Seiten seiner Zeitung nach und nach durch. Bei einem Artikel über Kunstraub blieb er hängen. Er lass, dass 1990 ein spektakulärer Kunstraub stattgefunden hatte. Gemälde von Vermeer, Rembrandt und Manet sowie Zeichnungen von Degas wurden geraubt. Anscheinend hatten sie jetzt, 1991, eine Spur entdeckt. Die Mafia war wohl in den Raub involviert und einer ihrer Leute war jetzt tot aufgefunden worden.
Martin schüttelte gerade den Kopf, als er Caroline auf der gegenüberliegenden Straßenseite sah. Er wollte winken, aber sie blickte sich nur ängstlich um. Schnell rannte sie über die Straße.
„Martin. Martin. Bitte komm schnell rein, bevor uns jemand sieht.“ Forderte Caroline ihn auf.
Martin war überrascht. So aufgewühlt hatte er sie noch nie gesehen.
„Caroline, was ist denn? Warum bist du denn so aufgewühlt?“
„Komm mit rein, ich brauche deine Hilfe. Ich erzähle dir drinnen alles. Aber wir müssen von der Straße weg.“
Martin stand schnell auf, weil die Angst in Carolines Stimme ihn hetzte. Was war nur geschehen?
„Marie, sei so lieb und mach uns einen Kaffee und bring doch Caroline ein Croissant.“
Marie tat wie gebeten. Caroline spielte derweil mit ihrem Rocksaum. Martin ließ ihr diese Zeit. Sie musste sich wohl erst sammeln, bevor sie ihm erzählte, was ihr so Angst machte.
„Bitte schön, ihr zwei.“ Sagte Marie, als sie ihnen die gewünschten Dinge hinstellte und sich zurückzog. Sie wusste, hier wurde ein Gespräch werden, das keine Zeugen bedarf, geschweige denn erwünschte.
Caroline atmete schwer auf und blickte auf die Zeitung, die Martin auf den kleinen Tisch in ihrer gemütlichen Ecke gelegt hatte. Wieder seufzte sie. Sie nahm die Zeitung und überflog die Zeilen.
Dann räusperte sie sich.
„Ja, ich sehe, du hast die Zeitung schon gelesen. Und diesen Bericht über den Mafiamord.“
„Ja, ich kann mich dunkel auch an den spektakulären Raub erinnern. Der war in Boston? So stand es in dem Artikel.“
„Ja, Boston. Ich war als Austauschstudentin ein halbes Jahr dort. Sehr schöne Stadt. Gute Universität. Und wenn man als gute Studentin auffiel, wartete man nicht lange, um von einem Kurator angesprochen zu werden.“ Martin sagte nichts. Er wollte sie auf keinen Fall erschrecken. Sie wirkte wie ein kleiner Vogel, der bei dem leisesten Geräusch wegfliegen würde.
„Ich war eine auffällige Studentin. Ich war so fasziniert von der Welt und den Kunstwerken in dem Isabella Stewart Gardener Museum. Es dauerte also nicht lange, und ich konnte mir einen begehrten Praktikumsplatz ergattern. Und ebenso schnell hatte ich einen Freund. Er war Wachmann in dem Museum.“
Martin zündete sich eine Zigarette an und bot ihr auch eine. Sie winkte ab und man konnte sehen, wie sie mit ihren Gedanken Kilometer weit abschweifte. Sie konnte sich noch genau an den Tag erinnern, an dem Jimmy Jr. auf sie zukam. Er schmeichelte ihr mit seinem Wissensdurst.
Und sie erzählte Jimmy alles was sie über die Kunstwerke wusste.
Ebenso berichtete sie jetzt Martin, was sich damals zugetragen hatte. Der Raub und ihre Mittäterschaft.
Martin blickte sie erschrocken an.
„Glaub mir, bitte. Ich war gerade 20 und unheimlich verliebt.“
„Und was hat das jetzt mit dem Mord zu tun?“
„Ich bin mir nicht 100%ig sicher. Aber ich glaube, es ist Jimmys Vater. Und ich habe Angst, dass sie mich finden.“
„Aber was sollten sie denn von dir wollen?“
Caroline schwieg. Sie fuhr mit ihren Händen über ihr Gesicht. Tränen schimmerten in ihren Augen.
„Ich habe ihnen geholfen. Und sie um einige Bilder erleichtert.“
Martin blickte erschrocken hoch.
„Deswegen brauche ich deine Hilfe.“
Zweite Wendung
- Polizisten befragten Martin über das Verschwinden der jungen Caroline.
oder
- Martin musste die Polizei verständigen.
Martin sah erschrocken zu Caroline. Caroline eine Kunstdiebin? Hatte er sich so in ihr getäuscht?
„Wie konnte das geschehen?“, fragte er sie erschüttert.
„Ach Martin, ich weiß auch nicht. Ich war so verliebt und Jimmy Jr. hat es wirklich drauf gehabt mich zu umwerben und zu blenden. Es dauerte nicht lange und ich war sehr tief in ihr Geschäft verwickelt. Ich wäre nie lebend herausgekommen, wenn ich hätte aussteigen wollen. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu verschwinden. Aber ohne Geld? Wie sollte ich das machen. Also habe ich mir einige kleine Gemälde geschnappt und bin schnell aus Amerika verschwunden. Hier bin ich unter dem Mädchennamen meiner Mutter registriert. Den kennt keiner.“ Sie blickte ihm nicht in die Augen.
„Ach je, Mädchen, was hast du nur gemacht?“ Martin zog an einer Zigarette und nahm einen tiefen Schluck des mittlerweile kalten Kaffees. Er schien es nicht zu merken, oder es machte ihm nichts aus, dass der Kaffee kalt geworden war.
Martin saß in Gedanken versunken da. Was sollte er jetzt machen? Sollte er Caroline vertreiben? Er hatte sie in sein Herz geschlossen. Sie waren so was wie beste Freunde geworden. Sein Herz wurde schwer. Es blieb ihm nur eins zu tun. Caroline musste weg. Das Land am besten verlassen und ihn.
Er seufzte tief.
„Caroline, es bleibt nichts übrig. Du wirst wohl hier verschwinden müssen. Dein Leben ist nicht sicher hier.“
Caroline blickte ihn an. „Aber wie. Ich kann die Bilder nicht verkaufen, sie würden mich sofort finden.“
Er atmete tief ein. „Ich mache das für dich. Ich kenne jemanden, der die Bilder kaufen wird. Er hat immer reiche Klienten, die auf berühmte Künstler warten. Lass mir paar Tage Zeit. Du musst aber untertauchen. Komm in drei-vier Tagen noch mal und wir besprechen da alles Weitere.“
Caroline erhob sich. Etwas unsicher drückte sie Martin an sich und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Danke, lieber Freund.“ So verließ sie das Café und hinterließ einen nachdenklichen und traurigen Martin.
*
Gegen Nachmittag öffnete sich die Tür und zwei Polizisten betraten das Café. Martin unterhielt sich gerade mit ein paar alten Stammkunden, als er unsanft von einem der beiden Polizisten auf die Schulter geklopft bekam.
„Bonsoir Monsieur Duboi, dürften wir sie bitten, mit uns an einen ruhigen Platz zu gehen?“
„Bonsoir Gendarmes. Um was geht es denn? Sie sehen, dass ich gerade mit meinen Kunden beschäftigt bin und ungern unhöflich wäre und das Gespräch abbräche.“
Die Polizisten schauten sich an und zuckten mit den Schultern.
„Es geht um Mlle Caroline Poir“
„Caroline Poir?“
„Ja. Uns wurde gesagt, dass sie sich hier öfter aufhält.“
„Ja, das stimmt, aber ich habe sie seit einigen Tagen nicht mehr gesehen. Um was geht es denn?“
„Kommen sie, bitte. Es soll doch diskret vonstattengehen.“
Martin tätschelte die Schulter seines Gesprächspartners und führte die beiden Polizisten in den hinteren Raum mit den Vorräten.
„Um was geht es denn?“, fragte er genervt.
„Mlle. Poir wird gesucht, um eine Aussage zu einem Mordfall und Kunstraub zu tätigen. Sie soll Zeugin sein.“ Martin schaute sie misstrauisch an.
„Zeugin bei einer Straftat? Das kann ich mir nicht vorstellen. Sie ist so zart und nett.“
„Stille Wasser sind tief.“ Erwiderte einer der Polizisten.
„Ich kann ihnen da leider nicht weiter helfen. Sie war tagelang nicht hier und ich weiß nicht wo sie wohnt. Ich kannte noch nicht mal ihren Nachnamen.“ Martin war froh, dass dies der Wahrheit entsprach. Weniger Lügen war immer gut um realistisch rüber zu kommen.
„Nun, uns bleibt ja wohl nichts übrig, als ihnen zu glauben. Bitte, kontaktieren Sie uns sollte Mlle wieder auftauchen. Es wäre sehr wichtig.“ Martin nickte und führte die beiden hinaus.
Als sie das Café verlassen hatten, atmete er tief aus. Puh. Das war sehr knapp gewesen. Im Keller hatte er die Kunstwerke, die er verkaufen wollte, deponiert. Wenn sie sein Café hätten durchsuchen wollen, dann hätte das schiefgehen können.
Das Telefon klingelte. Er schlurfte zur Theke und nahm ab.
„Martin? Martin, hier ist Caroline. Es wird dringend, ich glaube, ich werde verfolgt. Konntest du die Bilder verkaufen?“
„Mein Kontakt kommt heute Abend, nachdem ich abgeschlossen habe. Ruf morgen noch mal an, ja?“ Es klickte in der Leitung – sie hatte aufgelegt. Irritiert legte auch Martin auf. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn. Er hätte sich niemals da hineinziehen lassen dürfen. Seine Hand zitterte, als er sich eine Zigarette anzündete und langsam auf den Tisch zuging, an dem er und Caroline sich soviel Stunden ihre Geschichten erzählt hatten.
Was würde noch auf ihn zukommen? Eine Gänsehaut überzog seine Arme und er schloss unsicher die Augen.
LETZTE WENDUNG
- Martin musste feststellen das er dem Charme von Caroline erlag und dabei übelst Hintergangen wurde
oder
- Martin war in eine Falle getappt, doch er war schlau und konnte Caroline als Übeltäterin darstellen.
Nachdem die Gendarmen sein Café verlassen hatten, fühlte sich Martin immer noch bedroht. Auch dass Caroline einfach das Telefonat ohne Verabschiedung beendet hatte, war seltsam. Gut, sie war auf der Flucht, da wird Small Talk nicht so vorrangig sein.
Er schüttelte sich und ging in den Keller. Gut verstaut und sicher verpackt, lagen die Bilder im Weinkeller. Der hatte die richtige Temperatur für diese Kunstwerke.
Sein Kontaktmann hatte sich noch nicht gemeldet. Viel Ahnung hatte Martin nicht von Kunst. Vorsichtig nahm er eine Rolle. Die Bilder waren aus den Rahmen gelöst worden und in die Transportrollen gepackt. Er entrollte eines der kleineren Werke auf dem Tisch in der Mitte des Raumes. Dieser diente zur Verköstigung des Weines, den Martin sammelte.
Mit einer Taschenlampe betrachtete er das Meisterwerk. Es war wunderschön. Zwei Frauen und ein Mann von hinten. Die Frau rechts schien etwas vorzulesen. Während der Mann sich um ein Bild kümmerte, das er verdeckte. Die Frau links von ihm saß und man konnte nicht erkennen, womit sie beschäftigt war. Man konnte versinken in dieses Bild.
Schnell rollte er es wieder zusammen. Als wäre er ertappt worden. Packte es zurück in die Rolle und versteckte es hinter dem Weinregal.
Auf dem Weg nach oben, rief ihm Marie entgegen, dass ihn am Telefon jemand sprechen wolle.
Tief seufzte er. Das wird mein Kontaktmann sein, dachte er.
„Martin?“
„Pierre, wie geht es dir?“
„Ach, du weißt, die alten Knochen. Aber du wolltest bestimmt nicht nur nach meinem Befinden fragen, oder?“
Martin seufzte
„Nein, wie wäre es, wir würden uns mal wieder treffen. Ich hätte Lust auf ein gutes Essen. Lui, mein Koch, kennst du doch noch? Der hat einige neue Spezialitäten aufgegriffen. Er freut sich, sie mal zu testen. Und dann können wir über alte Zeiten sprechen. Als wir den Louvre besuchten.“
Auf der anderen Seite der Leitung blieb es ruhig.
„Na klar, ich kann heute noch kommen. Hunger habe ich jetzt schon. Ich komme so gegen 20 Uhr, passt dir das?“
„Perfekt – da schließe ich eh den Laden. Ich freue mich.“
*
„Martin, du hast mir eine Nachricht zukommen lassen. Hast du die Bilder verkauft?“
„Caroline, nicht am Telefon, komm doch bitte vorbei, dann können wir über deine Zeichnungen reden. Ich habe einen Interessenten gefunden. Er unterrichtet auch und hätte noch paar Tipps für dich.“
Sie zögerte: „Äh, ja natürlich. Tipps sind doch immer gut für eine angehende Künstlerin.“ Nahm sie den Faden auf.
„Ich mache mich gleich auf den Weg.“
Keine zwanzig Minuten später ging die Tür auf und die Glocke bimmelte. Da stand sie. Selbstsicherer als er erwartet hätte. Groß, blond und mit dem Hut, den sie am ersten Tag ihrer Begegnung anhatte.
Er stand in der Küche, und lunzte hinter dem Vorhang vor. Sie bewegte sich sicher durch den Raum auf ihren Stammplatz zu, setzte sich und hielt den Hut in der Hand. Leichte Nervosität schien sich in ihr auszubreiten, da sie die Hutkrempe knetete.
Er trat hinter dem Vorhang vor und ging zu ihr. Einen Kaffee und ein Croissant auf einem Teller. Beides stellte er vor sie und setzte sich.
„Hallo Martin, wie sieht es aus, hast du die Bilder verkauft? Was hast du bekommen?“
Sie hielt sich nicht lange mit Vorreden auf. Sein Gesicht blieb ausdruckslos. Er setzte sich und nahm ihre Hände in seine.
„Caroline. Meine liebste Freundin. Es ist Zeit. Du musst alles hinter dir lassen und verschwinden. Jetzt noch.“
„Und das Geld?“, fragte sie ruhig.
„Vergiss das Geld. Hau ab, jetzt und komme nie wieder. Deine einzige Chance, letzte Chance.“
„Ich verstehe dich nicht, ich werde auf keinen Fall ohne das Geld abreisen. Wovon soll ich denn leben?“
Er seufzte. In der Zwischenzeit waren neue Gäste eingetreten. Sie achteten nicht darauf.
„Hör zu. Die Bilder sind unverkäuflich.“
„Was, wieso? Ich dachte, dein Kontaktmann hat Interessenten.“
„Prinzipiell schon, aber gerade bei diesen Bildern sieht es echt schlecht aus.“
Sie schüttelte den unverständlich den Kopf.
„Auf keinen Fall gehe ich ohne Geld, oder die Bilder. Gib mir die Bilder zurück. Ich verschwinde. Ich dachte, wir wären Freunde und ich könnte mich auf dich verlassen. Aber du lässt mich hängen.“
Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen und schluchzte. Martin zögerte.
„Es tut mir leid, ich kann dir die Bilder nicht geben. Ich habe sie nicht mehr.“
„WAS? Hast du mich hintergangen. Du elender …“
Hinter ihr erschien ein Schatten. Legte die Hand auf ihre Schultern.
„Mademoiselle Poir?“
Caroline erschrak und wollte aufspringen.
„Sie sind verhaftet. Ihnen wird Raub und Mittäterschaft bei einem Mord vorgeworfen. Bitte folgen Sie uns doch so ruhig wie möglich zur Gendarmerie.“
Sie wand sich aus dem Griff und wollte durch die Küche fliehen.
„Niemals.“ Aber Martin stand im Weg und die beiden Polizisten vom Vortag hatten keine Probleme sie zu verhaften.
„Hahaha, ach Martin. Du Narr. Es war so einfach, dich einzulullen. Ich musste dich nicht mal verführen. Du wolltest einfach nur reden. Reden. Du hättest mich haben können. Ich mag dich. Aber so konnte ich die schüchterne kleine zerbrechliche Frau spielen und an deinen Beschützerinstinkt appellieren. Hahaha. Ach, wie leicht ihr Männer doch zu manipulieren seid.“
Der Polizist zerrte etwas unsanfter an ihrem Arm und sie bewegten sich zum Ausgang.
„Wie bist du dahinter gekommen?“
Martin blickte sie traurig an. Aber er antwortete nicht.
„Wie, sage es mir?“
„Caroline – leb wohl. Ich hoffe, das Ganze war es wert. Bleib am Leben, ich denke, das wird schwierig genug werden. Vergiss mich nicht.“ Lächelte er.
*
„Pierre mein Freund, es ist so schön dich zu sehen. Komm setz dich. Iss und trink.“
„Wollen wir nicht erst die Bilder betrachten?“
„Nein, nein. Erst das gemütliche vor dem Geschäft.“
Die beiden Männer unterhielten sich über alte Zeiten, lachten, tranken. Später führte Martin Pierre in den Keller. Dort zeigte er ihm die Bilder.
„Wow – das sind die geraubten Bilder von 1991. Sie sind wunderschön.“
Pierre zog eine Lupe hervor und betrachtete die Bilder. Er stutzte.
„Martin, das sind Fälschungen, sehr gute, aber falsch.“
„Was?“
„Ja, schau hier. Diese Signatur ist nicht die von Rembrandt. Sie ist kaum zu unterscheiden, aber als Kenner sehe ich das. Auch die Farben scheinen nicht original zu sein. Gut gemischt, aber mehr könnte ich nur durch eine Laborprobe feststellen. Die Kleine will dich über das Ohr hauen. Da würde ich die Finger von lassen. Hast du nicht gesagt, sie wird als Zeugin zu einem Raub und Mord gesucht. Vielleicht solltest du die Gendarmen rufen. Ich sage das echt nicht leichtfertig. Aber sie will dich da in was hineinziehen, das dich mehr als nur eine Freundschaft kostet.“
„Guter Freund. Danke. Es ist so schade. Ich hatte wirklich eine schöne Zeit mit ihr. Sie war so erfrischend. Eine gute Schauspielerin. Ich danke dir. Morgen früh, werde ich alles Nötige in die Wege leiten. Komm, lass uns noch was auf den Schock trinken.“
*
Früh am Morgen rief Martin in der Gendarmerie an. Die Karte der Polizisten in der Hand. Seine Zigarette lag im Aschenbecher. Der Kaffee wurde kalt. Kalt wie Martins Herz. Er berichtete, was vorgefallen war und machte aus, dass er vorbeikam. Dort legte er ein Geständnis ab. Bekam aber Immunität angeboten, wenn er Caroline aushändigte.
*
Am nächsten Tag blieb sein Café geschlossen. Er stand und blickte auf die vergilbten Tapeten. Gerade hatte er einen Nagel in die Wand geschlagen. Er hatte ein Bild aufgehängt. Das Bild mit den beiden Frauen und dem Mann, das er so bewundert hatte. Bedauernd, atmete er tief durch. Korrigierte das Bild und setzte sich ihm gegenüber, trank seinen Kaffee und aß ein Eclair.
ENDE