Dystopie, Telling Pictures

#Telling Pictures – Und wenn sie nicht gestorben sind, gibt es Hoffnung.

Quelle

Simon (Caymon) hat eine Schreibchallenge an den Start gebracht. #Telling Pictures. Man hat vier Wochen Zeit sich eine Kurzgeschichte auszudenken zu einem der folgenden Bilder.

Ich zitiere mal die Regeln

DIE REGELN:

  • Es stehen insgesamt vier Bilder zur Auswahl (ihr findet sie weiter unten)

  • Entscheidet euch für ein Bild und schreibt eine dazu passende Kurzgeschichte

  • Schreibzeit: Mittwoch, 6. März 2019 (Start) bis Mittwoch, 3. April 2019 (Release Day)

  • Ihr präsentiert eure Geschichte dann am Release Day auf eurem Blog

  • Verwendet den #TellingPictures und das Bild, das ihr ausgewählt habt

  • Wenn ihr bei der Challenge mitmacht, lasst mir bitte euren Namen und Blogadresse da*

  • Hintergrund-Infos zur Challenge findet ihr im Haupt-Beitrag

Hier kommen die Bilder

Mit dabei waren:
angesprochen habe mich alle Bilder aber ganz besonders gereizt hat mich die Diva…ich dachte mir, dass es schwierig wird, hier etwas zu schreiben und so war es auch – ich hab zwei Anläufe gestartet – ganz Zufrieden bin ich noch nicht – aber dieses Bild sollte es einfach sein.

Die Welt hatte sich verändert. Heute war man sich nicht sicher, ob der Fortschritt wirklich das Beste zu Tage gebracht hatte. Die Kluft zwischen Arm und Reich war mittlerweile unüberbrückbar.

Amanda hatte ein Date. Es regnete. Eigentlich regnete es immer. Die Sonne hatte langer keiner mehr gesehen.

Der Weg zu ihrem Date führte Amanda durch das Bettlerviertel. Sie hasste es, dort hindurch zu gehen. Die Bettler waren aufdringlich, stanken. Sie waren erbärmlich. Sie konnte nicht verstehen, wie sich die Menschen so gehen lassen konnten. Hätten sie richtig reagiert, wären sie nie abgestürzt und könnten ebenso ein sorgenfreies Leben führen wie sie selbst.

Wenige Stunden vorher stand sie vor ihrem Spiegel und videochattete mit ihrer Freundin. „was meinst du, ist dieses Kleid hier nicht zu nuttig? Metallic-Rot und so kurz?“ „Hei – du bist eine hübsche Frau, das darfst du auch zeigen.“ „Danke. Du hast Recht. Aber mich verunsichert, dass Mark mich in diesem seltsamen Schuppen sehen will. Ich muss durch das Bettlerviertel.“ „Ihhh – da müffelt es immer so.“ „Ja ich weiß. Was soll das, warum bringt er mich in diese Lage?“ „Ach du kennst doch Mark. Er liebt dich, aber er liebt auch diese komischen armen Leute, vielleicht will er dir etwas beweisen. Vielleicht macht er dir einen Antrag?“ „Na das kann er sich aber mal sparen. Der Antrag den ich bekomme, sollte Stilecht sein und nicht in einer Suppenküche.“ „Ja, das will man seinen Enkeln ja nicht gerade erzählen.“ „Enkel, bist du gerade auf dem Retrotrip. Ich bekomme doch keine eigenen Kinder. Ich habe meine Eizellen gespendet, und sie sollen daraus ein Kind aus der Retorte züchten. Mehr kann ich der Gesellschaft nicht geben. Also wirklich. Enkel. Du bist seltsam heute.“ Amanda strich sanft über ihren Bauch. Echte Kinder – undenkbar hier in dieser Zeit. „Ach ich hab so einen alten Liebesfilm gesehen. Da haben sie doch noch selbst die Kinder bekommen. Das macht mich immer bisschen – ach was weiß ich.“ „Schau dir doch nicht immer diese ollen Kamellen an. Das du so auf den alten Kram stehst.“ „Ja, eine kleine Macke muss doch jeder haben, oder?“ „Nun – vielleicht. So ich muss los. Wir sehen uns.“ „Mach´s gut. Viel Spaß“ „Danke.“

Schnell schlüpfte Amanda in ihre High Heels und nahm den Regenschirm mit. Ihr Handy hatte sie. Sie hielt die Hand an die Tür, die sich hinter ihr automatisch verschloss. Wie praktisch doch diese Erfindung mit dem RFID Chip war. Keinen Schlüssel mehr, kein Bargeld mehr, kein Problem mit den Dokumenten. Alles gespeichert. Sie hatte Gerüchte über Todesfälle durch den Chip gehört. Mark hatte ihr schon davon berichtet, dass angeblich Systemkritiker einfach ausgeschaltet werden, mittels diesen Chip. So ein Blödsinn.

Amanda lief durch die Straßen. Ihr blick heftete sich auf ihr Handy. Die neuesten Trends kamen gerade per Podcast herein. Rechts und links von ihr saßen Menschen. Sie hatten zerschlissene Kleidung an und waren schmutzig. Das interessierte Amanda nicht. Sie war sich sicher, dass diese Menschen ihr Schicksal selbst bestimmt hatten. Systemverweigerer, dachte sie. Wie konnte man sich so einem sicheren System verweigern. Nur um seine Überzeugung zu demonstrieren? Und was hatten sie davon?  Hunger. Ein alter Mann zog an ihrem Rock. „Lady. Haben sie ein bisschen Essen für uns. Für unsere Kinder.“ Sie blickte noch nicht mal von ihrem Handy auf. Am besten ignorieren. Das wurde von der Presse immer übermittelt. Die Bettler ignorieren. Sie seien zu schwach um anzugreifen. Warum macht Mark das mit ihr? Sie verstand ihn manchmal wirklich nicht.

Sie hatte die Map auf ihrem Handy aktiviert. Hier kannte sie sich nicht aus. Und das letzte was sie wollte, war sich hier zu verlaufen. Ihr Schirm stach in der Dunkelheit hervor. Eine tolles Accessoire, diese beleuchteten Schirme. Das ersparte einen die Lichtquelle. Ratten huschten über ihre Füße. Sie musste sich zurückhalten um nicht laut los zu schreien. Das würde ihn aber was kosten. Wenn sie sich hier die Tollwut einfangen würde, das würde sie ihm echt übel nehmen. „Die nächste Straße biegen sie links ab. Ihr Ziel befindet sich dann auf der rechten Seite.“ Gut, gleich war sie da. Ihr Kleid gab Geräusche von sich. Wie Folie, die man zusammendrückte. Hier war es so leise. „Sie haben ihr Ziel erreicht.“

Amanda stand vor einer massiven Tür. Sollte sie klopfen? Klingeln? Sie schaute die Tür hoch und runter. Es war nichts da um sich bemerkbar zu machen. Sie schickte Mark eine Nachricht. „Ich stehe vor der Tür, wie komme ich rein?“ „Ich komme“. Ihr Fuß klopfte ungeduldig auf den Boden. Warten, das auch noch. Sie war wohl doch etwas zu dünn angezogen. Es war schon recht kühl hier. „Amanda, schön, dass du es gefunden hast.“ Sie winkte mit den Handy vor seiner Nase. „Navi.“ Er nickte und zog sie hinein. „Das war kein schöner Spaziergang. Sehr gefährlich hier?“ „Quatsch. Die Verbrechensrate ist hier die geringste. In der Innenstadt passiert viel mehr. Was soll hier schon geklaut werden. Die Leute haben nichts.“ „Gut und schön, aber was soll ich hier? Und ich habe genug an mir, das sich lohnt zu klauen“  erwiderte sie säuerlich.

Er nahm sie am Ellenbogen und führte sie ins Innere. „Viele haben mich gefragt, was ich überhaupt mit dir will. Warum ich mit so einer oberflächlichen Tussi, wie dir zusammen bin.“ „Hey, das ist aber nicht nett. Ich dachte deine Freunde mögen mich.“ „Das sind nicht meine wahren Freunde – hier, das ist mein Leben.“ „Das verstehe ich nicht. Du wohnst doch aber in der City und arbeitest in der Forschung.“ „Ja, aber das ist nicht, wo ich her stamme. Ich komme von hier.“ Amanda blickte sich um. Mark war ein Straßenkind? „Bist du ein Illegaler?“ „Wenn du es so nennen willst, ja.“ Sie trat einige Schritte zurück. Er war ein Illegaler – das bedeutete, er war nicht offiziell gechipt. „Aber…“ „Wie ich überhaupt in die City komme?“ „Ja.“ Er zeigte ihr seine Hand. Die kleine Beule über dem Chip, war deutlich zu erkennen. „Das ist ein gefälschter Chip. Meine Identität hier drauf ist eine Fake-Identität. Nur so konnte ich die Situation überwachen und etwas ändern.“ Amanda wurde schwindelig. Sie war mit einem Illegalen zusammen. Sie würde alles verlieren. Sie würde ins Gefängnis kommen. „Du hast mich gefährdet? Für was?“ „Ich weiß nicht. Ich hab dich gesehen und hinter deine Kulisse geblickt. Da sah ich einen Rebellen.“ „Einen Rebellen? Ich bin glücklich in meiner Welt.“ „Sicher?“ Sie zögerte und die Antwort kam zögerlich. „J-ja.“

„Komm, ich will dir was zeigen.“ Er nahm sie bei der Hand, sie entzog sie ihm. Er blickte sie traurig an. Trotzdem folgte sie ihm. Etwas in ihr wollte wissen, was er meinte. Wofür er das Risiko auf sich genommen hatte. Eine Tür – eher eine Schleuse, öffnete sich. Dampf verbarg was dahinter lag. „Das ist zur Dekontamination. Bisschen übertrieben vielleicht – aber wir bauen hier was Neues auf und  nichts darf es verunreinigen.“ „Wohin bringst du mich nur? In welche Situation bringst du mich und warum vertraust du mir das an?“ „Hör zu. Ich bin bereit, den nächsten Schritt in unsere Beziehung einzugehen, aber du musst wissen und ich muss wissen, dass wir zusammen stehen. Ich kann nicht mehr länger in der City bleiben. Ich laufe Gefahr entdeckt zu werden. Das ist auch für dich gefährlich. Ich biete dir die Chance dein Leben zu ändern und einen Sinn zu geben. Ich weiß, dass mehr als diese oberflächliche Frau in dir steckt. Ich habe hinter deine Kulisse schauen können. Ich beobachte sehr gut. Kleine Augenrollen, wenn du deine Freundinnen triffst und ihr banale Dinge besprecht. Das Kratzen an dem Chip, als wolltest du ihn entfernen. Die sehnsüchtigen Blicke bei alten Dokumentationen. Ich weiß in dir steckt Hoffnung. Hoffnung auf ein Weiterkommen – ein Entkommen. Entkommen aus dem System. Die totale Überwachung und den Glamour hinter dir lassen.“ „Ich denke du täuschst dich. Schau mich an. Ich hab das neueste Designerkleid an und einen hippen Schirm. Ich gehöre in diese Scheinwelt.“ „Bist du dir sicher? Du kannst gerne gehen. Ich vertraue dir, dass du nichts hierrüber erzählst. Aber bist du dir sicher, dass du nicht lieber das hier willst?“ Sie waren weiter durch den Dampf gegangen und standen erneut vor einer verschlossenen Tür. Sie öffnete sich und sie wurde geblendet. Blind lief sie weiter. Mark führte sie und hielt sie sicher. Wärme traf auf ihre Brust. Was war das? „Was, Was ist das?“ „Die Sonne.“ Sonne. „Sonne? Wie kann die Sonne hier scheinen? Hinter uns ist es ewig grau und es regnet immer.“ „Es gibt Hilfsmittel, mit denen man die Wolken vertreiben kann. Das war meine Aufgabe. Diese Hilfsmittel zu entwickeln.“ „Aber warum kann man die Sonne nicht hinter dieser Mauer sehen?“ „Alles Illusion. Eine Projektion. Die Regierung würde sofort alles zerstören. Wir müssen das noch geheim halten, bis wir stark genug sind um zu kämpfen. Zu kämpfen gegen das System, das uns versklavt. Aber ich kann nicht mehr zurück. Ich muss jetzt von hier aus operieren. Ich liebe dich. Ich wünschte, du würdest das hier wollen. Mit mir wollen. Ein Leben mit Zukunft für unsere Kinder.“ In diesem Moment rannten eine kleine Horde lachender Kinder an ihnen vorbei. Sie wusste nicht ob sie je ein Kinderlachen gehört hatte. Es klang wie Musik. Sie sah Pflanzen, Blumen, Tiere, Insekten. Die Sonne schien ihr immer noch auf die Brust und erwärmte ihr erkaltetes Herz. Es pochte. Es pochte laut. Es war, als würde eine Eisschicht aufbrechen. Die Sonne schien direkt in ihr Herz und der Schleier vor ihren Augen wurde weg gewischt. Sie blickte auf ihren Schirm, auf ihr Handy und auf Mark. Ein Lächeln erschien. Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und küsste ihn. „Wie sollte ich das hier nicht wollen? Ein Leben mit dir, hier. Wie könnte ich das kalte, graue Leben da draußen bevorzugen? Nein, ich denke du hast das richtige in mir gesehen. Ich will Leben – richtig Leben. Mit dir hier und unserem Kind.“ Ihre Hand lag dabei auf ihrem Unterleib und er hob sie hoch. Gemeinsam tanzten sie durch die Sonnenstrahlen und feierten ihr neues Leben und eine Hoffnung auf Zukunft.

ENDE

15 Gedanken zu „#Telling Pictures – Und wenn sie nicht gestorben sind, gibt es Hoffnung.“

  1. Hey Rina,
    eine wirklich tolle Umsetzung der Challenge! Besonders gut hat mir gefallen, wie du wirklich alle Facetten des Bildes (die Frau, den Schirm, das Kleid, das Handy, die Bettler, der Regen, die Straße) in deine Story integriert hast. Und eine Dystopie passt natürlich bestens zu dem Motiv… ;)
    LG, Caymon

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  2. Eine traurige dunkle Zukunft, die du da entworfen hast. Sie passt wirklich super zu dem Bild. Ich finde es toll, dass dein Lichtblick am Ende ein Sonnenstrahl ist. :)
    Grüße, Katharina

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  3. Huhu,

    endlich bin ich auch mal wieder dazu gekommen was zu lesen. Ich hatte das hier glaub ich schon mal angefangen, aber konnte es nicht beenden, weil es so lang war. Die Geschichte hat schon was. Das Mädel war mir nicht sonderlich sympatisch, aber das Ende gefiel mir gut und die Auflösung mit Mark. Aber am besten gefiel mir dieser Regenschirm. Mit Licht ist das wirklich praktisch.

    LG Corly

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    1. Ja – sie sollte auch unsympathisch rüberkommen, weil sie ja so oberflächlich ist. Das ist mit gelungen…schön – da ist man selbst ja immer bisschen skeptisch.
      Stimmt – so ein Schirm ist schon praktisch.

      LG

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