Märchen/Sage, Writing Prompts - Freie Geschichten

Writing Prompt – Schreibübung #3 – Der goldene Hirsch

Annie hat für uns Kreativen ein paar nette Schreibübungen zusammengestellt. Das ist schon die 3. Ausgabe.

Dieses mal habe ich mich für eine Geschichte zu einem Bild entschieden. Eine kleine Liebesgeschichte

Aufgrund des Hutes, bin ich von Vietnam ausgegangen – ich muss sagen: Vietnam ist wirklich sehr geheimnisvoll. Ich habe gar nicht so viel Sagen und Fabelwesen gefunden.

Meine Quellen für die Namen war HIER und für die Hochzeitstraditionen HIER. Und ganz viel dichterische Freiheiten :-)

 

„Thuong? Wo bist du?“ Hörte sie ihre Mutter rufen. „Thuong? Komm wir müssen aufs Feld.“ Thuong – ihr Name bedeutete zärtliche Liebe – schaute sich zu ihrer Mutter um. „Ich komme gleich Mutter.“ Sie griff nach ihrem Hut und schlüpfte in die Schuhe als sie ihre kleine Hütte verlies. Unten im Tal konnte sie den Nebel erkennen. Sie liebte diese Zeit. Schnell rannte sie nach unten und ging ins Wasser. Der Nebel machte ihr Platz, so dass sie ungehindert eintauchen konnte. Sobald sie  untertauchte, schloss der Nebel sich um sie und verbarg sie vor neugierigen Blicken. „Dieses Mädchen, ständig ist sie im Wasser. Sie hätte eine Wassernymphe werden sollen. Außerdem ist sie jetzt im heiratsfähigen Alter. Ich glaube wir sollten sie langsam mal präsentieren. Was meinst du, Ehemann?“ Ihr Mann kaute auf seiner Pfeife und grunzte. „Wenn du meinst, Frau. Dann mach alles bereit. Bevor sie zu alt wird und keiner sie mehr will.“ Zufrieden nickte die Mutter mit dem Kopf. Sie hatte schon einige Bewerber an der Hand und wollte bald den Wahrsager aufsuchen, damit er die richtige Verbindung voraussagt.

Thuong war ein liebevolles Mädchen und hatte immer nur das Beste im Sinn. Weder Mensch noch Tier konnte sie etwas Übles. Und sie sah auch in allem nur das Gute. Sie war sehr behütet aufgewachsen. Tief im Wald, hatte sie nur zu den traditionellen Festtagen Kontakt mit anderen Bürgern gehabt. Ans Heiraten dachte sie nicht. Sie fühlte sich noch nicht reif. Wobei ihre Aussteuertruhe schon seit Jahren gut gefüllt war. Ihre Eltern hatten schon kurz nach ihrer Geburt damit angefangen sie zu befüllen und Thuong hatte das weitergeführt, als sie alt genug war. Es befanden sich heilige Gegenstände, Schmuckstücke und gute Stoffe darin. Geld hatte die Familie nicht viel. Sie waren arme Reisbauern und konnten nicht viel beiseitelegen. Deswegen hofften die Eltern darauf, dass ein Mann sie wegen ihres Aussehens nehmen würde und nicht wegen ihrer Aussteuer.

Thuong ließ sich vom Wasser tragen. Der Nebel umfloss sie wie ein Schleier. Sie bemerkte nicht, dass sie beobachtet wurde. Ein prächtiger Hirsch stand am Wasserrand und betrachtete das liebliche Geschöpf. Sein Fell glänzte golden und sein Geweih war prächtig anzusehen. Er hatte das Menschenmädchen schon oft beobachtet. Und er war verzaubert von ihrer Lieblichkeit. Sie wäre die perfekte Braut. Sie war zu allen Lebewesen freundlich und ihre Ausstrahlung lag wie ein perlmutfarbender Ring um sie herum. Sie wäre die perfekte Königin für sein Reich. Er musst nur noch die Eltern überzeugen.

Leise zog er sich zurück und verschwand wieder im Wald. „Thuong – jetzt komm endlich. Wir wollen den Reis bearbeiten.“ Seufzend richtete sich Thuong auf und verlies widerstrebend das Wasser. Sie sah in der Ferne ein goldenes Flimmern und blieb kurz stehen um ihre Augen darauf zu richten. Aber sie konnte nichts Genaues erkennen. Wahrscheinlich war es nur die Sonne, die sich gegen den Nebel auflehnen wollte. Springend gelangte sie zu ihren Eltern. Ihre Mutter schüttelte den Kopf. „Mädchen, benimm dich, du bist kein kleines Kind mehr. Du bist fast eine Frau. Wie soll sich denn ein Mann für dich interessieren, wenn du so ungesittet herumhüpfst?“ „Aber Mutter – hier ist doch weit und breit keiner, der uns sehen kann.“ „Das ist egal – es gehört sich nicht. Sei froh, dass ich dir nicht mit dem Rohrstock komme.“ Thuong runzelte leicht die Stirn und drückte ihre Mutter einen Kuss auf die Wange um dann gleich wieder vorweg zu hüpfen. Die Mutter schüttelte den Kopf. „Es wird dringend Zeit, dass sie heiratet. Gleich morgen werde ich zum Wahrsager gehen.“ Der Vater grunzte erneut und schlurfte hinter den Frauen her. Er liebte sein kleines Mädchen. Ihm würde es schwer fallen sie gehen zu lassen. Aber er wusste, es musste sein. Die Kette durfte nicht unterbrochen werden. Sein Mädchen musste Mutter werden um den Kreislauf in Gang zu halten. Aber heute kam ihm der Weg zum Feld noch mühsamer vor.

Währenddessen hatte der prächtige Hirsch dem Gespräch gelauscht. Er wusste was zu tun war. Am nächsten Tag würde er sich den Eltern vorstellen. Als zukünftiger Bräutigam. Er wusste, dass die Familie arm war und sein Angebot würde hoffentlich alle anderen überbieten. Er war sich bewusst, dass es nicht leicht sein würde Thuong zu bekommen, da sie ein so hübscher Anblick war, würden viele Männer sie auch ohne Geld ehelichen. Nur der Wahrsager wäre ein Problem. Wenn er die Verbindung nicht segnen würde, gäbe es keine Chance.

Am nächsten Tag gingen Thuong und ihre Mutter ins Dorf. Sie suchten den örtlichen Wahrsager auf und vereinbarten die Optionen. Es waren schon einige Bewerber für Thuong aufgetaucht. Die Mutter nannte dem Wahrsager die Namen und er würde sich mit ihnen in Verbindung setzen um persönliche Gegenstände zu erhalten. Dann würde er in Trance gehen und den besten Kandidaten und den besten Termin für die Hochzeit erhalten.

Hung – der goldene Hirsch, nahm seine menschliche Gestalt an und trat Thuongs Mutter in den Weg. „Gute Frau, ich habe gehört, dass ihr einen Ehemann für eure Tochter sucht. Ich wäre gerne bereit mich dafür zu bewähren. Ich werde euch viel Geld geben um die Hochzeit prunkvoll ausrichten zu können und auch dass ihr in eurem Alter gut versorgt wärt, wenn ich eure Tochter mit zu mir nehme.“ Die Mutter betrachtete den Mann vor sich. Er machte einen stattlichen Eindruck, warum sollte er nicht auch sein Glück versuchen. Sie wäre schon froh, wenn ein Bauer ihre Tochter heiraten würde. Hauptsache sie wäre eine Ehefrau.

Thuong sah Hung an und sofort spürte sie etwas Besonderes von ihm ausgehend. Er hatte eine ganz besondere Ausstrahlung, die hervorragend zu seinem Namen passte. Heroisch. Er machte wirklich den Eindruck eines Helden. Sie fühlte sich sofort zu ihm hingezogen. Ihr Herz klopfte laut und ihr Mund wurde ganz trocken. Sollte das ihr Gatte werden. Sie hoffte es sehr. Sie senkte ihren Kopf vor Demut und Höflichkeit. Die Verhandlungen überließ sie der Mutter. Sie hatte nichts zu sagen. Sie wusste nur, dass sein Angebot so verführerisch war, dass auch der Wahrsager da das ein oder andere Auge fester zu drücken würde. Denn seine Bezahlung würde von dem Gatten getätigt.

Während die Mutter dem Wahrsager noch schnell einen persönlichen Gegenstand des neuen Bewerbers übergab und wahrscheinlich noch einen extra Bonus versprach, wenn seine Geister dem neuen Mann wohlgesonnen wären, standen die beiden jungen Leute sich verlegen gegenüber. Thuong hob ihren Kopf und blickte ihm in die Augen. Ihre Pupillen weiteten sich, als sie in seine sah. Sie sah Gütigkeit. Seine Haut schimmerte leicht golden. Sie schob das auf eine optische Täuschung der Sonne. Sie hatte das Gefühl, ihr Herz würde mit seinem im Einklang schlagen. Sein Aroma glich dem des Waldes. Die Muskeln unter seinem Hemd deuteten auf viel Bewegung hin. Sie war wie betäubt. Hung lächelte sie an. „Thuong. Ich beobachte dich schon einige Zeit und ich konnte nicht anders als mich als deinen Gatten zu fühlen.“ Sie betrachtete ihn erschrocken. Er hatte sie beobachtet? Wo? Aber bevor sie ihn fragen konnte, kam ihre Mutter zurück und verabschiedete sich von ihm. Sie zog Thuong mit sich, während diese sich noch mal umdrehte. „Thuong, das ist unhöflich. Man blickt einem Mann nicht hinterher. Wo sind denn deine Manieren. Muss ich dich erst übers Knie legen? Sei froh, dass dein Vater das nicht sieht. Der hätte dich sofort bestraft, für diese unzüchtige Geste.“ Schimpfte ihre Mutter.

Die nächsten Tage erschienen Thuong wie in Zeitlupe zu vergehen. „Mutter, wie lange wird der Wahrsager denn brauchen, bis der den richtigen Ehemann für mich gefunden hat?“ „Das liegt an den Geistern, wie geschwätzig sie sind. Es sind nicht wenig Bewerber. Du bist ein hübsches Mädchen. Da muss er schon ein paar Tage ansetzen.“ Thuong seufzte tief. Sei t ihrem Zusammentreffen mit Hung verfolgten seltsame Träume sie. Sie träumte von einem goldenen Hirsch, mit dem sie durch den Wald rannte. Aber sie war kein Mensch. Sie selbst war eine perlmutfarbene Hirschkuh. Und sie tobten gemeinsam wie auf Wolken durch den nebelverhangenen Wald. Sie fühlte sich frei und geborgen. Sie war eingehüllt in wahrer Liebe und Freude. Aber je länger sie auf die Offenbarung des Wahrsagers wartete umso verzweifelter wurde sie. Umso mehr befürchtete sie, dass nicht Hung ihr Seelengefährte werden würde, sondern irgendeiner der anderen Bewerber.

Diese Angst hatte ihr Herz fest umklammert. Si e konnte sich an nichts mehr erfreuen. Selbst das Bad im See, das sie so liebte, erfreute sie nicht. Eines Tages, als sie am Ufer lag und ihr Haar richtete fühlte sie sich beobachtet. Sie blickte sich erschrocken um, und im Gebüsch konnte sie einen goldenen Schimmer erkennen. Sie stand auf und ging in die Richtung. Aus dem Gebüsch trat ein prachtvoller goldfarbener Hirsch. Ihr Herz blieb für kurze Zeit stehen um dann in doppelter Geschwindigkeit zu schlagen. Sie umrundete den Hirsch. Er blieb ruhig stehen. Als sie ihm in die Augen blickte, meinte sie sie zu erkennen. „Hung?“ fragte sie schüchtern. In diesem Moment wirbelten die Blätter zu ihren Füssen auf und der Hirsch verwandelte sich.

Tatsächlich stand Hung vor ihr. Sie war sprachlos. „Träume ich? Bin ich eingeschlafen. Mutter wird sehr böse, wenn ich die Zeit verschlafe.“ „Nein. Ich bin es wirklich. Thuong. Ich habe dich schon so oft beobachtet. Aber bevor der Wahrsager sein Urteil bekannt gibt, musste ich mich offenbaren. Denn wenn wir füreinander bestimmt sein sollten, musst du wissen worauf du dich einlässt. Wärst du bereit meine Königin zu werden?“ Sie überlegte nicht lange. Am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen. Aber sie hielt sich sittsam zurück. Noch waren sie nicht Mann und Frau – sie würde sich nicht in eine unmögliche Situation begeben, die es ihr unmöglich machen würde seine ehrbare Frau zu werden. „Ja.“ Flüsterte sie. „Ich spüre es tief in meinem Inneren. Ein Sehnen und Ziehen. Das ist meine Bestimmung. Der Wahrsager kann einfach nichts anderes vorhersagen. Das können die Götter nicht zulassen.“ Zufrieden nickte Hung, drehte sich um und ließ Thuong stehen.

„Thuong? Mädchen, wo bist du schon wieder. Der Wahrsager verlangt nach uns. Komm schnell.“ Thuong rannte zu ihrer Mutter und drängelte sie zu gehen. „Langsam, langsam ich bin eine alte Frau. Das Ergebnis wird sich nicht ändern, nur weil wir uns die Beine brechen, weil wir zu schnell durch die Berge hasten.“ Ihre Mutter lächelte und blickte ihre Tochter liebevoll an. Jetzt war es soweit. Sie würden sie bald einem Mann übergeben und Thuong würde ihre eigene Familie gründen. Es wurde ihr etwas schwer ums Herz. Aber das war der Lauf der Zeit.

Im Dorf angekommen, betraten sie die Hütte des Wahrsagers. „So guter Mann, wie lautet deine Empfehlung?“ Fragte die Mutter gerade heraus. „ Das war gar nicht so einfach, gute Frau. Eure Tochter ist ein seltsames Geschöpf. Ihre Aura war nicht leicht zu lesen. Ich habe einige Bewerber, die gut mit ihr harmonieren würden.“ Thuong riss erschrocken die Augen auf. Einige Bewerber? Sie war fest überzeugt, dass nur Hung in Frage kommen würde. „Da wäre Liem (Aufrichtig) – er ist der Sohn des örtlichen Apothekers. Er ist sehr gut geeignet für eure Tochter. Oder Minh (Clever/Klug) – er ist der Geldverleiher. Er wird eurer Tochter ein gutes Leben bieten können. Thang(Triumph). Er wird es weit bringen. Er hat Verbindungen in den Adel. Die drei passen sehr gut zu eurer Tochter. Hier könnt ihr euch die Portraits anschauen.“ Thuong wurde ganz schwarz vor Augen. Was war mit Hung, warum tauchte er nicht auf? Schüchtern fragte sie: „Sind das alle passenden Bewerber? Ist da nicht noch einer?“ Der Wahrsager blickte hektisch hin und her. Er räusperte sich. „Ja einer wäre noch da. Aber ich bin mir mit seiner Aura nicht sicher. Ich konnte seine Güte und sein warmen Schein erkennen. Auch war es, als würden eure persönlichen Gegenstände in Einklang schwingen – aber ich konnte nicht erkennen was seine Zukunft bringen würde und somit auch nicht die deinige. Aber die Geister bestätigen, er wäre der perfekte Kandidat.“ „Wer ist es?“ flüsterte sie. „Hung.“ Ihr Herz wollte aus ihrer Brust hüpfen. Auch ihre Mutter schien zufrieden. Sie wusste, dass ihre Tochter ihr Herz schon verloren hatte, und da Hung auch sehr großzügig bezahlen würde, hätte sie nichts gegen eine Verbindung einzuwenden.

So sei es. Thuong schwebte nach Hause. Es würde alles gut werden und sie würde ihren Seelenverwandten heiraten. Sie öffnete ihre Truhe und holte ihren roten Ao Dai hervor. An diesem Kleidungsstück für ihre Hochzeit hatte sie lange genäht und gestickt und im nächsten Monat würde sie darin ihrem Ehemann übergeben werden.

In dieser Nacht schlief sie selig und zufrieden. Auf einer Lichtung traf sie Hung. Endlich konnte sie ihn in die Arme nehmen und sie konnten in ihrer wahren Gestalt ihrem neuen Leben entgegen gehen.

ENDE

Horror, Writing Prompts - Freie Geschichten

Writing Prompt – Schreibübung #3 – Party des Jahres

Annie hat für uns Kreativen ein paar nette Schreibübungen zusammengestellt. Das ist schon die 3. Ausgabe.

Die Themen hier für sind:

  1. Schreibe ein Märchen. Fange aber nicht mit „Es war einmal an“. Benutze folgende Wörter (die ich mit einem Zufallswortgenerator genrieren werde):
    Halloween, Alibi, Androgyn, Draht, Antiviral, Taktik, Schmiermittel, Rabe
    Pfff… Wer eine Story mit diesen Wörtern hinbekommt, hat meinen vollsten Respekt xD
  2. Schaue dir die folgenden drei Bilder an. Schreibe etwas über das Bild was dich am meisten inspiriert:
  3. Schreibe einen Brief an dich selbst. Egal ob an dein vergangenes oder zukünftiges Ich.
  4. Setze dich in ein Café oder in den Park und denke dir eine Geschichte über einen Menschen aus, der dir ganz besonders auffällt. Wo will er/sie hin oder wo will er/sie hin? Wie verlief sein/ihr bisheriges Leben?
  5. Greif zu dem Buch das dir am nächsten ist. Schlage Seite 73 auf und nehme ab den 5ten Satz die nächsten vier. Um diesen Block schreibst du jetzt deine eigene Geschichte.

Ich habe mich für den 5. Punkt entschieden.


Blake, Kendare – Anna im blutroten Kleid Position 73 ab 5. Satz die nächsten 4

 

Ein Wasserfall?«

»Die Party findet am Kakabeka-Wasserfall statt. Wir suchen uns jedes Jahr eine andere Stelle, um Ruhe vor den Cops zu haben. Letztes Jahr waren wir am Trowbridge-Wasserfall, aber da sind alle ausgeflippt, als …« Sie unterbricht sich.

 

Sie drehte sich um und schluckte. Es war wie ein übler Trip – die Erinnerung, was letztes Jahr passierte, schnürte ihr die Kehle zu. Ein Schütteln überkam sie, dann drehte sie sich wieder zu ihren Freunden. „Die Party wird so cool. Jeder bringt was mit – und die Jungs aus dem Sportclub bringen das Fass Bier mit. Aber dieses Mal gibt es nur Bier, das das klar ist. Wir wollen nicht wieder so ein …“ Kendra schluckte noch mal. „…Missgeschick wie letztes Jahr. Das ist nicht akzeptabel. Ich werde da dieses Mal ganz streng sein. Ich habe einen Aufpasser engagiert.“ Ein Raunen ging durch die Gruppe. „JA. Es muss sein. Wir haben uns sonst nicht unter Kontrolle. Aber keine Angst – er wird bezahlt und hält die Schnauze. Und wir können entspannt Paaartyyy machen.“ Sang sie und schwang ihre Hüften aufreizend hin und her. Dabei suchte ihr Blick Thomas. Das war ihr Herzensmensch. Sie plante es jeden Falls. Aber Thomas war noch nicht da. Er war was besonders, das spürte sie. Eine dunkle Aura umgab ihn wie ein Umhang. Und wenn sie was anzog, dann die Gefahr. Das war auch der Grund, warum es das Ereignis aus dem letzten Jahr gab. Schuld war, wie so oft, sie gewesen. Sie konnte wirklich provozierend sein. Letztes Jahr war ihr Herzensmensch Anton gewesen. Anton war ein wirklich lieber – zu lieber Kerl. Er betete den Boden an, auf dem sie Schritt. Dann, zu Halloween, war die berühmte Party – sie sollte legendär werden. Die Kulisse hatte sie mit ihren Girls entworfen und aufgebaut. Ein kleiner Irrgarten war der Eingang und danach ein kleines Horrorkabinett. Es war perfekt. Anton war spät, das ärgerte Kendra schon. Er sollte doch ihr Gemahl sein. Und die Gäste auf dem dunklen Thron, neben ihr sitzend begrüßen. Aber er kam zum Schluss. Das konnte sie nicht akzeptieren. Also musste er den ganzen Abend dafür büßen. Sie striezte ihn wo es nur ging. Und er ließ sich alles Wortlos gefallen. Aber, je später, desto betrunkener wurde auch Anton. Und umso gelassener wurde er. Als Kendra ihn wieder mal striezte, wurde es ihm zu viel. Er schnappte sie, schleifte sie an ihren Haaren zum Wasserfallrand und schupste sie. Sie fiel – aber sie hatte nicht gemerkt, dass Anton ein Seil um ihre Hüfte befestigt hatte. Ruckartig wurde ihr Sturz gestoppt. Sie konnte hören wie Anton sie verhöhnte und verfluchte. Die Gäste waren sprachlos. Bis die ersten Mädchen zu schreien begangen. Dann ging es los. Wildes Durcheinander und Geschrei. Die Gäste liefen Kopflos hin und her. In der Zwischenzeit hatte Anton sie schon wieder nach oben geholt. Sie stütze sich hinter einem Felsen auf um tief durchzuatmen. Dann sah sie nur, wie sich eine Gruppe auf Anton stürzte und auf ihn einschlug. Sie schlugen so fest, dass er sich nicht mehr bewegte. Seit dem lag er im Koma. Am Anfang war sie noch regelmäßig hingegangen und ihr schlechtes Gewissen nagte an ihr. Aber mit der Zeit verging das. Das Leben ging weiter. Die Erde drehte sich weiter und sie war Jung und hübsch. Sie war die Halloween Queen. Dieses Mal hatte sie vorgesorgt. Keinen harten Alkohol und ein sicheres Geländer am Wasserfall.

Am Stichtag kamen die Gäste und alle waren gut drauf. Die Musik lief und alle tanzten. Dann kam er – Thomas. Als Vampir verkleidet stellte er sich neben sie. Sie hatte sich für das Kostüm der weißen Frau entschieden. Das gab einen tollen Kontrast. Er ganz in schwarz, sie ganz in weiß. Ein enger, sinnlicher Tanz und sie wurde gefügig. Er roch an ihr und knabberte an ihr herum. Biss sie sanft in den Hals und sie war einfach nur noch Wachs in seinen Armen. Der Abend war ein voller Erflog. Als es Zeit wurde aufzubrechen, war Thomas schon weg. Sie suchte ihn – erfolglos. Müde und enttäuscht ging sie nach Hause. Sie zog sich um – an ihrem Kleid sah sie einen roten Fleck. Dann blickte sie in den Spiegel. An ihrem Hals war eine Wunde. „Verdaaamt. Thomas hat mich gebissen? Der spinnt ja.“ Kendra schlüpfte in ihr Bett. Seltsame Träume von Blut und Leichen verfolgten sie. Wie gerädert erwachte sie – sie ging ans Fenster um die Vorhänge beiseite zu schieben. Da hörte sie eine Stimme hinter sich. Sie erschrak fürchterlich. „Das würde ich nicht machen. Das könnte wirklich schmerzhaft für dich werden.“ Sie drehte sich um und sah Thomas in der Ecke stehen. „Was machst du hier? Wie kommst du hier herein?“ „So viel Fragen am frühen Morgen. Du bist ganz schön fit, nach solch einer Party, die wirklich toll war. Muss ich sagen.“ Sie blickte ihn an. „Du hast nicht geantwortet.“ „Dann mach ich das – geh an den Spiegel.“ Sie runzelte die Stirn, tat aber was er wollte. Sie schaute hinein und sah – nichts. Entsetzt drehte sie sich um. „Was soll das?“ „Tja Schätzchen – gratuliere, du wurdest in den Club der Untoten aufgenommen.“ „Was? Ich verstehe nicht.“ „Herzchen – du bist genau die Richtige für uns. So böse und skrupellos. Du hast Anton letztes Jahr verrückt gemacht und jetzt denkst du nur noch an dich. Perfekter kann es nicht sein. Du, Herzchen, bist jetzt ein Vampir.“ „Was? Du verscheisserst mich doch.“ „Nein!“ Antwortete er knapp. „Du hast es verdient.“ „ich will aber kein Vampir sein.“ „Warum nicht? Schau dir die Vorteile an. Du wirst für immer so hübsch bleiben. Und deine Seele war eh schon nicht mehr zu gebrauchen. Also eine WinWin-Situation.“ „Aber…“ „Kein Aber – es ist eh nicht Rückgängig zu machen. Ich lade dich hiermit herzlich ein, ein Vampir zu sein, für den Rest des Lebens.“ Kendra drehte sich zum Spiegel um. Was nutze ihr, ihre Schönheit, wenn sie sich nicht mehr sehen konnte. Was nutzte ihr das ewige Leben, wenn sie ihre Freunde und Familie verlor. Was nutzte ihr ein ewiges Leben, wenn sie nie wieder die Sonne sehen konnte? Was hatte ihr, ihr egoistisches Leben gebracht? Einsamkeit.

Ende