Einzelaktionen, Krimi

Schreib‘ mir eine Detektivgeschichte! Part 1 von 4

Ich wurde von Annie eingeladen eine Detektivgeschichte zu schreiben. HIER könnt ihr, ihre Geschichte lesen.

Quelle

 

Das war eine wahre Herausforderung. Ich habe zwar schon viel Krimis gesehen, aber nicht viele gelesen. Ich bin eher ein Thrillerleser. Also habe ich gute zwei Wochen erst Mal einige Krimisserien geschaut und einige Tipps aus dem Internet gezogen. Dann habe ich mir auf einigen Zetteln die Charaktere notiert und alles was so zu ihnen passen könnte. Motive, Alibis, Nebengeschichte. Am Ende habe ich dann doch viel frei geschrieben – aber diese Zettel haben geholfen sich bisschen mit dem Thema auseinander zu setzen. So und hier ist meine kleine Krimigeschichte, die ich über mehrer Tage verteilen werde. Zeitlich habe ich die 40er angepeilt.

Ich denke sie ist nicht sehr unvorhersehbar und spannend – aber es war ein interessantes Schreibvergnügen.


Im Folgenden werden sechs Personen vorgestellt, die in eurer Geschichte vorkommen – Die Charaktere:

Inspektor Neusüß (59): Er arbeitet schon seit einigen Jahren bei der Polizei und kann auf allerhand Erfahrung zurückgreifen. Er kennt die Beteiligten und hat daher ihnen gegenüber keine Vorurteile.

Sarah Finelli (64): Sie kommt ursprünglich aus Italien, lebt aber schon lange in Deutschland. Ihre Familie verdient schon seit vielen Jahrzehnten mit dem Weinbau ihren Lebensunterhalt. In der Pfalz bewirtschaftet Sarah Finelli einen großen Weinberg. Sie steht kurz vor dem Ruhestand und überlegt daher, wem sie das Unternehmen vermachen soll. Als emanzipierte Frau will sie es ihrer ältesten Tochter Vega überschreiben. Ihr Sohn Marcello soll eine gute Abfindung erhalten.

Vega Finelli (28): Sie wäre bereit, den Betrieb zu übernehmen, noch viel lieber würde sie allerdings ihren gelernten Beruf als Lehrerin ausüben.

Jan Scherke (30): Vegas Mann möchte das Weingut unbedingt erben. Deswegen hat er Vega auf schnellstmöglichen Wege im vergangenen Jahr geheiratet.

Marcello Finelli (25): Er ist ein richtiger Weinkenner und lebt für das Familiengeschäft. Daher fühlt er sich dazu berufen, das Weingut zu erben. Er scheut keine Mittel, um sein Ziel zu erreichen und seine Mutter davon zu überzeugen.

Marta Campari (50): Als Köchin ist sie die gute Seele des Hauses und die Vertraute aller beteiligten Personen.

 

Zuerst solltet ihr euch überlegen, wie die Personen sich verhalten. Ihr könnt euch an folgenden Fragen orientieren:

Was muss geschehen, damit eine Detektivgeschichte entstehen kann? Jemand muss zum Beispiel eine kriminelle Handlung vollziehen, die der Detektiv aufklären soll.

Wer soll der Täter sein und was hat er verbrochen?

Was hat den Täter zu dieser Tat verleitet?

Wie kommt der Inspektor dem Täter auf die Spur?

Was tragen die anderen Figuren zur Klärung des Falles bei?

Wie könnt ihr die verschiedenen Charaktereigenschaften der Figuren überzeugend in den Text einbauen?

Was passiert neben der Handlung des Kriminalfalls? Verlieben sich zum Beispiel bestimmte Personen ineinander?


Ich fahre gerade die lange Auffahrt zum Haus hinauf. Es war lange her, dass ich das letzte Mal auf dem Anwesen war. Ich war noch neu bei der Mordkommission. Es musste etwa fünfzehn Jahre her sein.  Der Hausherr war verstorben. Ein nicht natürlicher Tod. Man munkelte, er hätte seinem Leben ein Ende gesetzt. Gerüchte besagten, dass er sich verspekuliert hatte und er kurz vor dem Konkurs stand. Aber man sehe jetzt. Der Betrieb stand besser da als jemals vorher.

Ich stand vor dem pompösen Anwesen. Schon die Fahrt hier hoch hielt atemberaubende Aussichten parat. Diese Weinberge waren malerisch. Wie viele dieser Schauplätze in meiner langen Zeit als Inspektor hatte ich schon betreten? Zu viele!

Aber ich will mich ihnen erst einmal vorstellen. Mein Name ist Neusüß, Christian. Warum wurde ich immer zu solchen Einsätzen geschickt?

„Christian, du weißt doch, dass du am besten geeignet bist mit den Reichen und Schönen zu arbeiten. Deine Ruhe und Besonnenheit. Das ist halt dein Ding.“ Soviel zu der Erklärung meines Chefs. Ruhe und Besonnenheit.

Außerdem entspreche ich keinem herkömmlichen Polizistenklischee. Ich bin ledig, ja ein lediger Polizist, ohne schwierige Ehefrau, oder ein Trauma aus meiner Vergangenheit. Manchmal wünschte ich mir schon eine Familie. Zwei bis vier Bälger und eine hübsche liebevolle Frau, die mich nach Feierabend mit leckerem Essen begrüßt. Zuschriften bitte an das Revier. Dort halte ich mich eh am meisten auf.

 

Ich kann diesen Reichen Schnöseln echt nichts abgewinnen. Mein Chef schätz meine Unvoreingenommenheit. Ich behandle alle Verdächtigen gleich. Kein Vorurteil. Vor allem hier nicht. Aber dazu später noch mehr.

+++

Sarah Finelli hatte ein Juwel erschaffen. Eine Goldgrube, nach der sich so manch einer die Finger leckte. Aber sie regierte ihr Königreich mit eiserner Hand. Es war damals kein Mord nach zu weisen. Man tat es als Unfall ab. Wenn man ausversehen mit dem Seil um den Hals stirbt – gut, dann war es wohl ein Unfall. Das waren die Gründe, warum ich solche Aufträge verabscheute. Es ging immer um den guten Ruf.

Ich steige aus dem Auto und blicke die lange, beeindruckende Treppe hinauf. Sie war ganz in weiß. Am Fußende standen jeweils zu beiden Seiten schön gestaltete Buchsbäume. Der Butler kam mir entgegen. Er, wiederum bediente das klassische Klischee eines Butlers. Immer die Nase etwas zu hoch für seinen Stand.

„Herr Inspektor? Sie werden erwartet. Die Familie ist im Salon. Bitte folgen sie mir.“

Ich folge. Es hatte sich in den fünfzehn Jahren nicht viel geändert. Das war so in diesen Umgebungen üblich. Da wurde einmal teuer eingerichtet, und das blieb dann mindestens bis zum Tod des Kopfes der Familie. Je nachdem wie gut man sich mit den Hausherren verstand und wie viel man erbte, änderten die Kinder dann alles um es dann wieder bis zu deren verscheiden so zu belassen.

**

Wir betraten den Salon. Ich erfasste schnellstens die Situation. Zwei Frauen ein Mann. Bis auf Frau Finelli waren mir die anderen Unbekannt. Ich muss zugeben, die Frau hat sich ziemlich gut gehalten. Erfolg steht ihr gut.

„Inspektor Neusüß.“ Kündigte mich der Butler an.

„Inspektor, welch eine Tragödie, die sie hier her führt. Wir wissen ja, dass wir mit ihrer Diskretion rechnen dürfen, bis der Fall gelöst ist?“  „Natürlich.  Das ist selbstredend. Darf ich mir selbst ein Bild machen von der Situation?“ „Aber selbstverständlich. Folgen sie mir. Wir haben alles so belassen wie Vega es gefunden hat.“ Ich drehte mich um zu Vega und sah ein schüchternes Mädchen auf dem Sessel sitzen, die kaum ihren Kopf anhob um mich anzublicken. „Vega war mit dem Hund unterwegs. Das macht sie morgens immer. Sie ist da immer sehr gewissenhaft. Ich würde den Köter wahrscheinlich immer nur die Tür rauslassen und warten bis er von alleine zurückkam.“ Sagte ein Mann, der an der Bar stand. Er kam mit ausgestreckter Hand auf mich zu. „Mein Name ist Jan, Jan Scherke. Ich bin Vegas Ehemann.“ Ich ergriff die Hand und stellte fest, dass ich diesen Mann nicht leiden konnte. Soviel zu Unvoreingenommenheit, Chef.

„Gut, dann lassen sie uns mal den Tatort betrachten.“ Wir gingen gesammelt zum Tatort. Ich konnte von weitem schon erkennen, dass dies bestimmt nicht so aussehen sollte. In den Reben lag eine männliche Leiche. Durch seinen Torso ging ein Metallstab. Ich blickte mich um und erkannte, dass die Befestigung der Reben war. Dort wurden sie festgebunden und beim Wachsen unterstützt. Eine davon befand sich jetzt in Marcello und darunter waren bestimmt ein halbes Glas Wein zermatscht.

Ich begab mich zur Marcello und begutachtete die Situation. „Bitte bleiben sie stehen. Ich muss mir erst ein Bild machen und sie könnten wichtige Spuren vernichten. Danke“

Vega schluchzte. Jan hatte den Arm um sie gelegt. Sarah beobachtete mich genau. Ich konnte erkennen, dass sich die Befestigung durch sein Herz gebohrt hatte. Er musste sofort Tod gewesen sein. Vorsichtig, um keine wichtigen Spuren zu verwischen, umrundete ich ihn. Ich zog meine Kamera hervor und knipste einige Bilder. Das macht man jetzt so. Ich würde sie dann entwickeln lassen und dann konnte ich mir den Tatort immer wieder anschauen. Bis ich entnervt aufgeben würde. Eine tolle Zeitersparnis, ich müsste nicht ständig in die Berge hier klettern. Allerdings ist die Aussicht von hier natürlich ganz besonders hübsch. Etwas geschmälert durch den Toten.

„Gut, ich habe genug gesehen. Lassen sie uns zurückgehen.“ Und so traten wir alle wieder den Rückweg zum Haus an.

+++

Auf dem Rückweg zum Haus arbeitete mein Gehirn schon auf volltouren. Das Finelli Weingut war der größte Arbeitgeber hier in der Gegend der Pfalz. Das würde natürlich wieder einiges an Fingerspitzengefühl bedürfen. Ich sollte mich echt zur Sitte versetzen lassen. So langsam hatte ich wirklich die Schnauze voll von Samthandschuhen. Definitiv konnte ich jetzt schon sagen – es handelte sich nicht um einen Unfall. Selbst ohne Kriminaltechnik konnte ich erkennen, dass der gute Marcello gestoßen wurde. Jetzt musste ich nur noch meine Theorie untermauern und den Täter finden.

Ich betrachtete die Familienangehörigen.

Da war Sarah Finelli – italienische Dame im Alter von 64. Sie hatte den gesamten Betrieb unter Kontrolle. Aber man sah ihr auch an, dass sie müde war.

Vega – die schüchterne graue Maus von Tochter. Man sollte die unscheinbaren nie unterschätzen. Vielleicht war sie es?

Jan. Ihn konnte ich noch nicht einschätzen. Er war auf jeden Fall nicht zu unterschätzen. Ich glaube er setzt seiner Frau etwas zu. Das werde ich noch in Erfahrung bringen.

Im Salon angekommen, sah ich eine weitere Person – eine Frau. Fragend blickte ich Sarah Finelli an. „Das ist Marta, Marta Campari unsere Köchin und gute Seele. Sie ist schon so lange in unserem Dienst, dass sie eigentlich zur Familie gehört.“ Ich ging auf sie zu und musste feststellen, dass die gute Dame wirklich eine Augenweide war. Und dazu noch eine Köchin. Hätte ich es besser treffen können. Eine gute Seele, die alle Geheimnisse kannte. Das musste ich für mich nutzen können. Außer sie hatte selbst ein Geheimnis. Wir werden sehen. „Herr Inspektor? Sie müssen hungrig sein? Kommen sie doch mit in die Küche, ich zaubere ihnen schnell etwas Einfaches.“ Mir lief ein Schauer über den Rücken. Ihre Stimme war sinnlich und mir fielen so einige Sünden ein, die nichts mit Essen zu tun hatten. Christian, schimpfte ich mich selbst. Professionell bleiben.

„Herrschaften, ich verabschiede mich erst mal. Ich schicke die Kriminaltechniker noch vorbei, damit sie den Tatort sichern und sichten. Ich werde mich bei ihnen melden. Ich möchte nur noch mein Bedauern zum Ausdruck bringen. Ein junger Mann in der Blüte seines Lebens und so ein schrecklicher Unfall.“ Bewusst blickte ich mich in der Runde um, als ich den inszenierten Unfall erwähnte. Keine Reaktionen. Sehr professionell. Oder wirklich unschuldig?

Ich folgte Marta in die Küche. Ein wirklich netter Anblick, ihre Hinterseite. Eine rassige Frau. „Kommen sie, setzen sie sich. Ich wärme ihnen schnell ein bisschen der Lasagne auf.“ „Vielen Dank Frau Campari.“ „Nennen sie mich Marta. Frau Campari, das klingt zu förmlich. Das bin ich nicht gewohnt, da komme ich mir irgendwie unwohl vor.“ „Also gut, Marta. Dann bestehe ich aber auch darauf, dass sie mich Christian nennen.“ Sie drehte sich zu mir um und blinzelte mir zu. „Aber gerne, Christian. Jetzt setzen sie sich erst mal und trinken sie einen Kaffee.“

„Marta, sie kennen doch bestimmt alle Familienmitglieder bestens. Was war Marcello für ein Typ? Ich möchte die Trauernden noch nicht damit behelligen.“ „Marcello.“ Sie schluchzte. Schnell stand ich auf um mich tröstend anzubieten. Wie schamlos von mir, aber ich bin halt doch auch nur ein Mann. Sie löste sich von mir. „Marcello war ein Augenstern. Ein Charmeur schon im Kinderwagen konnte er einem den Kopf verdrehen. Er war gerade mal 25. Er hatte das Geschäft von der Pike auf gelernt. Er wusste alles über Weine und ihren Vertrieb. Er hätte das Geschäft übernehmen sollen. Aber ….“ „Aber?“ „Ach, ich will nicht tratschen. Das soll ihnen besser Frau Finelli erzählen. Ich habe schon zu viel erzählt. Hier ihre Lasagne. Lassen sie es sich schmecken.“ „Setzen sie sich doch bisschen zu mir. Erzählen sie mir von sich.“ „Von mir, ach was soll ich schon erzählen. Ich bin wirklich nicht interessant genug. Was wollen sie wissen?“ Alles, dachte ich. Vor allem ob es einen Herr Campari gibt. Ich schluckte erst mal den Bissen der hervorragenden Lasagne. „Im Gegenteil, sie sind äußerst interessant. Wo kommen sie her, wie lange sind sie schon hier im Dienst und sind sie verheiratet?“ Ich konnte ein schelmisches Grinsen nicht unterdrücken und bemerkte erfreut eine leichte Rötung ihrer Wangen. Sie räusperte sich und um ihre Verlegenheit zu überspielen dann fing sie an zu erzählen. „Ich komme aus Palermo. Ich bin als junges Mädchen von zu Hause weg. Es war mir einfach zu Eng dort. Ich wollte etwas erleben. Aber als Frau ist das natürlich nicht so einfach. Ich bin, mehr oder weniger fast am Traualtar weg gelaufen. Ich war schon versprochen. So einem alten Metzger. Das kam nicht in Frage. So habe ich nie geheiratet, aber man muss ja nicht immer gleich Nägel mit Köpfen machen, wenn sie verstehen.“ Jetzt war ich an der Reihe zu erröten, ich verstand. Sie registrierte, dass sie mich aus dem Konzept gebracht hatte und ein leicht hämisches Lächeln umschmeichelte ihre verführerischen Lippen. „Mrmrremrm“ räusperte ich mich. “Ähm, wie sind sie bei den Finellis gelandet?“ „Das war nicht so schwer. Italiener ziehen sich halt an. Sarah kommt aus Italien und sie hat mich einem Restaurant abgeworben. Ich war dort als Köchin tätig und sie war begeistert von meinem Künsten. Das war vor ungefähr 25 Jahren. Da war Marcello gerade geboren und ich konnte meine Hilfe auch also Nanny anbieten.“ „Vega war da schon geboren?“ „Ja, Vega ist 28. Ein so hübsches kleines Mädchen. Sie war schon immer so eine Liebe und zarte Gestalt. Sie ist eigentlich zu schade für diese Welt. Ein kleiner Engel. Und so begabt. Aber ob sie für dieses Geschäft geeignet ist? Ich bin mir nicht so sicher. Aber jetzt soll es reichen. Denken sie nicht, ich merke nicht, dass sie mich hier aushorchen, sie Schlingel.“ Ich tat unschuldig und hob entschuldigend die Hände. „Das ist wohl eine Berufskrankheit. Entschuldigen sie. Ich will sie nicht bedrängen. Lieber erfahre ich doch mehr über sie.“ Flirtete ich dezent mit ihr. „Ach sie – ich muss sie jetzt aber verjagen. Ich muss das Abendessen richten. Wobei wohl kaum einer was essen wird. Aber sie wissen ja wie das in solch einem Haushalt ist. Der Schein muss sein. Herr Inspektor, „Christian“. „Christian, ich wünsche ihnen einen guten Heimweg und einen netten Abend.“ „So nett bin ich ja noch nie hinausgeworfen worden. Marta, ich bedanke mich und hoffe auf ein baldiges Wiedersehen.“ Ich stand auf und konnte mich nicht zurückhalten. Ich griff nach ihrer kleinen Hand und drückte einen Kuss darauf.

+++

„Was sollen wir jetzt machen, Mutter?“ „Vega, beruhige dich. Der Inspektor wird das schon regeln. Er wird schon herausfinden was deinem Bruder geschehen ist.“ „Was soll schon geschehen sein?“ erwiderte Jan. „Er wird wieder mal betrunken gewesen sein und eines seiner Flittchen mit seinem Reichtum beeindrucken wollen. Er zeigte ihr den Weinberg und ist dabei in seinem Suff unglücklich gestolpert. Diese Streben für die Reben sind schon recht robust. Die halten einen Brustkorb schon aus.“ „JAN! Ich bitte dich, sei nicht so vulgär. Du sprichst über meinen Sohn.“ Jan erhob beschwichtigend die Hände. „Ja klar, der Goldjunge. Ihn hast du ja immer beschützt. Aber was ist mit Vega? Sie ist auch deine Tochter. Sie brauch uns jetzt umso mehr“ Er trat auf Vega zu und schloss sie in seine Arme. Sie erstarrte. Seit einiger Zeit war die Beziehung abgekühlt. Sie hatte ein ungutes Gefühl in seiner Nähe, konnte es aber nicht fassen.

„Jetzt beruhigen wir uns erst mal. Marta wird das Essen gleich bringen. Selbst wenn sie fast ein Familienmitglied ist, sie ist nicht unser Blut. Also Kontenance. Der Schein muss gewahrt werden. Wir sind die Finellis. Bei uns gibt es keine Skandale. Ich will keinen öffentlich machen. Schmutzige Wäsche wird in unserem Bottich gewaschen. Nicht auf der Straße.“ „Aber Mutter, wie willst du das denn verhindern. Der Inspektor wird alle unsere Geheimnisse aufdecken.“ Sie fröstelte. Sie hatten alle Geheimnisse.

„Das versuche ich zu verhindern. Ich muss sehen, dass dies hier als Unfall zählt. Ich hoffe doch es war ein Unfall?“ Sarah blickte fragend in die  kleine Runde. Wer hätte auch ihrem Sohn etwas zu leide tun können? Er war ein Schatz. Nicht ohne. Ein Gigolo. Frauen liebten ihn. Aber er war ja auch noch jung. Gerade fünfundzwanzig. Er musste seine Hörner noch abstoßen. Sie stockte. Sie hatte noch nicht erfasst, dass er nicht mehr am Leben war. Am liebsten wäre sie jetzt gerade zusammen gebrochen. Aber auch sie musste den Schein wahren. Ach sie war so müde. Ihre Zeit war einfach gekommen. Und jetzt das.

Sie erhob sich und führte die kleine Familie in das Speisezimmer. Keiner hatte Appetit, aber das zählte nicht. Es ist immer der Schein. Es war ein tragischer Unfall, aber das Leben musste weiter gehen.

Sie setzte sich an den Kopf des Tisches. Das war ihr Platz seit ihr Vater und dann ihr Mann verstorben waren. Sie war die Hüterin der Familie. Das Familienoberhaupt. Sie müsste alles zusammenhalten.

+++

Marta war aufgewühlt. Dieser fesche Inspektor war ihr leicht unter die Haut gegangen. Aber noch viel schlimmer war: ihr kleiner Marcello war tot. Er war immer so lebenslustig und frech gewesen. Immer stibitze er ihr die Kekse vom Fensterbrett. Selbst jetzt noch, als Erwachsener ist er immer vorbei geschlichen und hat sich einen warmen Keks geklaut. Wie sollte es ohne ihn weiter gehen. Ein Stern war erloschen. Sie musste sich setzen. Die Familie würde warten, dass sie das Essen bereitete. Das Küchenmädchen kam herein und wollte das Essen abholen. Marta schnäuzte sich. „Anna, ach Herzchen. Ich bin bisschen hinten dran. Warte ich bereite alles schnell vor, dass du es nach oben bringen kannst.“ Das Mädchen stand still da. Sie hatte Marta noch nie so blass und schwach gesehen. Das ängstigte sie etwas.

+++

Ich war in meinem Büro angekommen. Den Film hatte ich zum Entwickeln im Labor abgegeben. Ich wollte erst mal Revue passieren lassen, was ich gesehen und gehört hatte.

Marcello fünfundzwanzig, von einer Rebenaufhängung erstochen. Beim Sturz, oder wurde er gestoßen?

Die Familie: Sarah, als Familienoberhaupt. Vega, die Tochter. Jan, der Schwager. Wer hätte einen Vorteil von Marcellos Tot? So offensichtlich keiner. Marcello war ein Schwerenöter, aber beliebt. Er war ein Weinkenner und kannte den Betrieb bis in die kleinste Presse. Ich schrieb groß Motiv auf einen Zettel und hängte es an meine Tatorttafel. Dort vereinte ich die Namen und die Steckbriefe.

Das Telefon klingelte. „Inspektor Neusüß.“ „Inspektor, die Fotos sind fertig. Sie können sie abholen.“ „Ja, danke. Ich komme sofort.“ Auf dem Rückweg würde ich mir noch schnell einen Kaffee holen. Dabei musste ich an den leckeren Kaffee von Marta denken. Da war der Präsidiumskaffee eine Plörre dagegen. Meistens blieb der Löffel stecken. Ein Männerkaffee, wie meine Kollegen gerne scherzten.

Ich hängte die Bilder an meine Tafel und betrachtete sie nachdenklich. Der Bericht der Kriminaltechniker lag mir ebenfalls schon vor. Ich blätterte ihn durch und verglich ihn mit den Aufnahmen. Das Ergebnis war eindeutig. Gleich morgenfrüh würde ich die Familie informieren. Es sollte eine Überraschung werden.

+++

Sarah saß am Frühstückstisch mit der Tageszeitung und ihrem Kaffee. Auf ihrem Teller lag ein leckeres Croissant. Das war seit Jahren ihr Frühstück. Da war sie sehr pedantisch. Sie blickte ärgerlich von der Zeitung auf, als ihr Butler eintrat. „Frau Finelli, der Inspektor ist da.“ „Was? So früh. Das ist schon ein bisschen ungehörig. Führen sie ihn in den Salon, ich brauche noch etwas. Ich lass mich bestimmt nicht von ihm hetzen.“ „Sehr wohl, gnädige Frau.“

Ich wusste, dass ich eigentlich etwas unverschämt früh war. Aber ich wollte nicht allzu viel Spielraum lassen. Die Familie sollte noch ungeschminkt vor mich treten. Als der Butler mich bat etwas Geduld zu haben und zu warten, verzog ich mich schnell mal in die Küche. Marta stand mit beiden Händen in einem Teig versunken und überall Mehl im Gesicht, an der Arbeitsplatte. „Christian? Du bist aber früh. Unverschämt früh.“ „Ja, ich bin ein Morgenmensch. Und ich dachte mir ich kann bei dir noch schnell einen deiner leckeren Kaffees abstauben?“ „Äh, ja natürlich. Bediene dich. Ich bin gerade etwas beschäftigt, wie du dir vielleicht denkst.“ Sie klang etwas genervt, aber das bezog ich nicht auf mich. Ich kann mir schon vorstellen, dass so ein herrschaftlicher Haufen gut bedient werden will. „Was meinst du, könnten wir noch bisschen reden. Vielleicht heute oder morgen Abend. Bei einem leckeren Essen und einem Gläschen Wein? Ich lade dich ein.“ „Ein Date?“ „Offiziell natürlich nicht. In einem laufenden Fall, würde ich nie mit einer Betroffenen ein Date einfädeln. Es dient alles zur Wahrheitsfindung.“ Schmunzelte ich und sah erfreut dass sie mich offen anlächelte. „Dann morgen, heute ist etwas knapp. Ich muss mich für das Nicht-Date erst zu Recht machen. Eine Frau in meinem Alter brauch etwas Anlaufzeit.“ Wohl wissend, dass man am besten gar nichts erwähnt wenn eine Frau ihr Alter auf den Plan bringt, stand ich auf und drückte ihr einen kleinen, zaghaften Kuss auf die Wange. Bevor sie sich beschweren konnte, hatte ich die Küche schon verlassen.

Leicht errötend fasste sich Marta an die geküsste Wange und lächelte glücklich.

 

Fortsetzung folgt

15 Gedanken zu „Schreib‘ mir eine Detektivgeschichte! Part 1 von 4“

  1. Huhu,

    so, ich bin mit dem ersten Teil tatsächlich schon durch. Du hast recht. Ich werde auch nicht ganz warm mit dem Charakteren. Sie wirken etwas herzlos. Außer Martha vielleicht. Aber dennoch ist es interessant. Ich war ja schon selbst in der Pfalz. Es ist schon schön da. Ich bin auf jeden Fall schon gespannt wer der Täter ist. Es gibt zumindest einen Verdächtigen finde ich, aber vermutlich ist es eher einer auf den man nicht so offensichtlich kommt.

    LG Corly

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    1. Danke – ja – irgendwie konnte ich mich mit den Charakteren nicht identifizieren, obwohl ich viel Zeit mit ihnen verbracht hab und viel zu ihnen aufgeschrieben habe – aber sie wollten nicht…
      LG

      Gefällt 1 Person

      1. Bitte. Ich denke die Vorgabe war auch zu genau. Da war wenig Spielraum für eigene Ansätze. Ich bin jedenfalls gespannt wie es weiter geht.

        LG Corly

        Gefällt 1 Person

      2. Das wird wirklich schwierig. Aber es ist auch mal eine interessante Erfahrung. Man muss sich etwas anderes mit dem Thema beschäftigen, als wenn man einfach los schreibt.

        Gefällt 1 Person

      3. Ja stimmt. Das glaub ich, dass es interessant ist und du hast es ja doch hinbekommen. Und für dich festgestellt, dass es nicht so dein Schreibgenre ist.

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  2. Guten Morgen Rina!

    Ich freue mich sehr, dass du dich an dieser Aufgabe getraut hast! Und der erste Teil ist dir ja, für das erste mal, gar nicht so schlecht gelungen.
    Man merkt, dass es nicht dein Genre ist. Mir geht es bei dieser Aufgabe aber auch nicht anders. Krimi’s schreiben – in Ernst – , ist nicht so mein Metier. Ich bin ja leider noch nicht ganz fertig, aber ich hoffe ich schaffe es diese Woche.
    Eine Freundin von mir hat mein Manuskript gelesen und sagte auch direkt „Das ist nicht dein
    Genre“ – die Frau hat Sprachwissenschaften und Literatur studiert, die erkennt das. Dann hatte ich eine Passage so umgeschrieben, dass ich mich damit wohler fühlte (also in Lustig/Quatschig) und das war direkt besser.
    Ich freue mich auf den nächsten Teil!

    Ich muss zugeben, dass diese Aufgabe schon sehr hart ist. Hätte ich sie entwickelt und nicht aus dem Reclam genommen, so hätte ich die Charaktere auch nicht so straff geschrieben. Ich werde mir für das nächste Projekt etwas passenderes Ausdenken :) Würde mich dann sehr freuen, wenn du wieder teilnimmst!

    Liebste Grüße,
    Annie

    Gefällt 1 Person

    1. Danke schön.
      Ich hätte bestimmt nie rausgefunden, dass es nicht mein Genre ist, wenn ich nicht die Herausforderung angenommen hätte.😁
      Die straffe Vorgabe war sehr gewöhnungsbedürftig. Aber da es einen ja auch Schulen soll, war es eine gute Übung. Ich bin gerne beim nächsten Thema dabei.😊😊

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