Horror, Mystery, Weihnachten, writing friday

#Writing Friday – Knut – oder der unwillige Weihnachtsbaum

Ein neues Jahr und neue Geschichten erwarten uns am #Writing Friday. Ich freue mich auf die kommenden Themen und fange gleich mit einer Idee an, die eigentlich beim Whatsappen mit Corly entstanden ist – Dank Autokorrektur hat sich die Idee hierzu gebildet. Es gibt allerdings eine kleine Vorgeschichte, die ihr gerne lesen könnt, aber nicht unbedingt nötig ist um diese hier zu verstehen. HIER könnt ihr Jan bei einem anderen seltsamen Weihnachtsphänomen kennen lernen.


DEin Tannenbaum möchte nicht entsorgt werden, berichte von seiner Flucht.


Knut – oder der unwillige Weihnachtsbaum

Ich saß an meinem Schreibtisch und schaute die leere Zigarettenverpackung in meiner Hand an. Ein guter Vorsatz für das neue Jahr sollte sein, damit aufzuhören. Ich knäulte die Verpackung zusammen und warf sie in den Mülleimer unter meinem Tisch. Neuerliche Sparmaßnahmen bedeuteten, dass wir unseren Mülleimer selbst leeren sollten. Die Reinigungsfirma sei nur noch zum Putzen da. Was für Zeiten. Mein Mülleimer war übervoll. Die leere Verpackung fiel daneben. Gerade überlegte ich, ob ich sie aufheben und den Eimer endlich leeren sollte, als mein Handy summte. Ich griff danach und nach der leeren Verpackung. Während ich den Bildschirm entsperrte, deponierte ich die verknäulte Verpackung auf dem Müllberg meines Eimers. Vorsichtig zog ich meine Hand weg, ohne eine Erschütterung zu verursachen und damit eine Mülllawine zu verursachen. „Ha, na das geht doch. Sieht gut aus.“ Ich blickte auf den Absender der Nachricht in meinem Handy. Eva. Ein Gedanke blitzte auf. In letzter Zeit trafen wir zu oft aufeinander. Bilder glücklicher Zeiten, die verdrängt wurden, von Streit und Neid. Polizisten waren einfach nicht für Beziehungen gemacht. Ich öffnete die Nachricht: „Hallo Jan, alles klar? Erinnerst du dich an unseren letzten Fall? Wie könnte ich den vergessen? Es war der Weihnachtsabend und wir wurden zu einer Familientragödie gerufen. Eine Familie, die gerade beim Essen war, wurde grausam dahin gemetzelt. Der Mörder war kein normaler Mensch. Ein kurzer Flashback. Ich sah mich aus einem Fenster blicken und ein Mann in brauner Robe mit einem Korb auf dem Rücken und einer Rute in der Hand winkte mir lachend zu.

Natürlich hatte mir damals keiner geglaubt und der Fall wurde nie offiziell abgeschlossen. Es gab aber noch einen inoffiziellen Raum, in dem Akten seltsamer Phänomenen lagerten – da hatte ich meinen Bericht, den originalen Bericht, einsortiert.

Ich antwortete Eva: „Wie könnte ich den vergessen? Gibt es was Neues, habt ihr den Mörder?“ Ich wartete, oben am Rand erschien: Eva schreibt…. “Nein, da wird es wohl auch nie eine Festnahme geben. Vergiss ihn. Wir haben aber wieder einen seltsamen Mord. Ich könnte deine Unterstützung brauchen.“

Eva, DIE Eva, brauchte meine Unterstützung. Das ich das noch erleben durfte. Ich zögerte. „Ich bin unterwegs. Schick mir die Adresse.“

Etwa zehn Minuten später stand ich am Eingang zur genannten Wohnung. Es sah friedlich aus. Vereinzelt waren noch Weihnachtsdekorationen zu sehen. Aber viele Fenster waren schon abgeschmückt. Man konnte noch Reste von Klebeband oder Schneespray erkennen. Auch klebten noch an manchen diese Fensterbildchen. Es wirkte irgendwie trostlos. Ich vermisste jetzt schon die bunte Weihnachtsbeleuchtung. Das neue Jahr war noch nicht so alt. Knut hatte angefangen. Ich musste lachen. Ein bisschen Werbung gestört erinnerte ich mich an die, dieses einen Möbelhauses mit den Blau-Gelben Schriftzug. Mir war kurz der Name entfallen. Aber das war auch nicht wichtig. Es lagen auf jeden Fall schon einige Weihnachtsbäume auf der Straße. Tot und verwelkt. Ein kleiner Weihnachtsbaumfriedhof. Zwischen den, teilweise, kahlen Ästen konnte man noch Lametta erkennen. Ich schüttelte diese unangebrachten Gedanken ab.

Im ersten Stock sah ich am Fenster noch einen Baum stehen. Er war sogar noch geschmückt. Irgendwie ahnte ich, dass dies wohl der Tatort sein würde. Ich stand noch etwas in den vereinzelten Schneehaufen und blickte zum Fenster hoch. Der Baum bewegte sich. Es schien, als würde er sich drehen. Die Lichter schienen ein Gesicht zu formen. Ich zog die Augenbrauen in die Höhe und runzelte die Stirn. Mir schwante böses. Ich schüttelte mich.

Tief atmete ich ein und trat auf den Eingang zu. Die Tür stand offen. Leise trat ich auf die Treppenstufen zu. Ich konnte Geräusche aus dem ersten Stock hören. Gemächlich, mich auf das erwartete Szenario einstimmend, stieg ich die Stufen hoch. An manchen Türen im Parterre hingen noch Kränze mit Herzen, Kugeln und Schleifen. Im ersten Stock angekommen, war es nicht schwierig zu ermitteln welches die Wohnung war, die ich betreten würde. Die Tür stand offen und ich hörte geschäftiges Treiben. Ich stand im Türrahmen und beobachtete die vermummten Spurensammler. Ein Mann, der mir wage, aus dem letzten Fall bekannt vorkam, stand schon vor mir und drückte mir die Schuhüberzieher an. „Anziehen, Kontamination.“ Sagte er recht einsilbig. Ich lehnte mich an die Wand und zog die Überzieher an. Ich blickte mich nach dem Kästchen mit den Handschuhen um und fand sie. Oh ungepudert. Das war ja endlich mal fortschrittlich. In der Wohnung blickte ich mich sogleich nach Eva um. Sie stand am Fenster. Die Hände in die Hüfte gestemmt. Sie schüttelte ratlos den Kopf. Mit großen Schritten durchquerte ich den Raum. Nicht ohne ständig einem Techniker vor den Füssen zu haben. „Fenster kontrollieren.“ Sagte ich nur. Sie blickten mich fragend an und zuckten desinteressiert mit den Schultern. „Eva, hallo.“ „Ach Jan, da bist du ja.“ Sie trat beiseite und ich konnte das Ausmaß der Tat sehen. Vor mir lag ein Mann. Er war etwa Mitte bis Ende Dreißig. Links von ihm standen aufgereiht einige Pappkartons. Ich nahm an für die Weihnachtsdekoration. Er war wohl gerade dabei gewesen seinen Weihnachtsbaum abzuschmücken.

Ich trat näher an den Baum und betrachtete ihn genau. Ein Schütteln der Äste ließ mich zurückzucken. Eva sah mich stirnrunzelnd an. „Ich weiß nicht, was das auslöst, das macht der Baum jedes Mal, wenn man ihm zu nahe kommt. Vielleicht was Elektrisches?“ Ich ging in die Hocke, um mir das genauer anzusehen. Wieder rüttelten die Äste und ich meinte ein leises Fauchen zu hören. Ich ging näher. Vielleicht saß die Katze im Baum? Näher und näher. Ich kniete mich hin, um den Baum noch genauer zu betrachten. Der Stamm war in einem handelsüblichen Christbaumständer eingeklemmt. Die Schrauben waren noch nicht losgedreht. Ich legte mich unter den Baum, um mir das Innenleben genauer zu betrachten. Als ich auf dem Rücken lag, um zu sehen, was sich da bewegt, regnete ein Schwall Nadeln auf mich herab. Ich schloss rechtzeitig die Augen. Sie landeten in meinem Gesicht. „Autsch. Verdammt.“ Ich robbte schnell auf dem Rücken liegend hervor. Eva schlug sich die Hand vor den Mund. Wie ich erkennen konnte, nicht vor Entsetzen, sondern um sich das Lachen zu verkneifen. Was sie aber nicht schaffte. Sie lachte herzhaft und schlug sich dabei auf die Knie. „Na danke. Das schmerzt.“ „Hahaha. Oh Mann, das sieht so witzig aus. Hier Schau mal.“ Sie hatte schon ein Foto geschossen. Ich musste zugeben. Mein dämlicher Blick, gespickt mit grünen Tannennadeln sah wirklich witzig aus. „Entschuldige. Warte. Gib mir mal jemand eine Pinzette. Halt still.“ Sie näherte sich mit der Pinzette und zupfte die einzelnen Nadeln heraus. „Ahhh – Mensch das tut weh.“ Eva betrachtete die gerade entfernte Nadel. „Da sind kleine Widerhaken dran.“ Ich nahm ihr die Pinzette ab und schaute mir die Nadel genauer an. Kein Wunder, dass das so schmerzhaft war. Mein Gesicht war etwas taub. „Isch glaube in den ätherischen Ölen ist irgendein Gift. Mein Gesicht wird Taub.“ Eva beobachtete besorgt, wie sich meine Geschichtszüge langsam grotesk verformten. „Es füllt sisch bisschen komisch an.“ Nuschelte ich. „Ach, so schlimm sieht es gar nicht aus.“ Winkte sie ab. Was ich ihr nicht so glaubte. Ich ging auf das Opfer zu, das auf dem Boden lag. Auch er hatte Nadeln im Gesicht, im Hals, an den Händen. Aber da war auch eine kleine Blutspur zu erkennen. Etwas hatte sich durch sein Herz gebohrt. Ich drehte mich zum Baum zurück und sah mir erneut die Äste genauer an. An einem tropfte etwas herab. Auf dem Boden darunter war schon eine kleine Lache entstanden. Ich streckte meinen Finger aus und zog ihn zurück. Blut. Ich bewegte meinen Kopf in Richtung Leiche und wieder zurück. Dann zeigte ich auf den Ast und meinte zu Eva: „Das ist die Mordwaffe.“ „Der Ast? Meinst du jemand hat ihn gestoßen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube der Baum hat ihn erstochen. Wahrscheinlich, als er gerade dabei war ihn abzuschmücken.“ Eva blickte mich skeptisch an. „Sind das die Nadeln? Hast du Halluzinationen?“ „Du hast mich doch gerufen. Und bestimmt nicht, weil du denkst, das war ein normaler Mord, oder? Ich glaube, der Baum hat gesehen, was seinen Kameraden geschehen ist und wollte das verhindern. Erst hat er den Mann mit den Nadeln benebelt und dann hat er zugestochen.“ Dabei machte ich eine Vorwärtsbewegung mit ausgestreckten Arm und einem imaginären Ast in der Hand. Eva sprang erschrocken zurück.

„Wir müssen den Baum verhaften.“ Sagte ich, nicht ohne ein Schmunzeln in meiner Stimme. Ich blickte mich im Raum um. Dann ging ich zur Couch. Dort lag die Transporthülle, damit der Baum nicht zu viel Nadeln abwarf. Schnell schnappte ich mir diese Hülle und ging zurück. „Komm, hilf mir“ Wir breiteten die Hülle aus. In dem Moment bewegte sich der Baum. Er hüpfte. Seine Äste schlugen aus und die Nadeln flogen in unsere Richtung. Er hüpfte weiter durch den Raum und seine Äste trafen uns schmerzhaft. Todesmutig stürzte ich mich mit der Hülle in den Händen auf den Baum zu. Ich sprang und warf dabei den sich wehrenden Baum um. Schnell schlang ich die Hülle um seine schlagenden Äste. Nicht ohne einige davon abzubekommen. „Schnell helft mir.“ Die Kollegen lösten sich aus ihrer Starre und kamen mir zur Hilfe. Schnell war auch ein Seil da und wir wickelten dieses um die Hülle. Fest verschnürt lag der Baum vor uns. „Ich verhafte dich wegen Mordes und Angriff auf einen Polizeibeamten. Alles, was du jetzt sagst oder tust, kann gegen dich verwendet werden. Ob es Anwälte für Weihnachtsbäume gibt, weiß ich nicht.“ Eva stand neben mir und klopfte mir anerkennend auf den Rücken. „Du weißt, dass uns das keiner glauben wird?“ „Ja, ja. Das weiß ich. Wir bringen ihn am besten zur Entsorgung. Schreiben einen Bericht, bei dem der Mörder flüchtig und unbekannt ist und einen für den Raum der besonderen Fälle.“ Eva nickte zustimmend und wir taten, wie besprochen. Später saßen wir an meinem Schreibtisch und tranken einen Kaffee mit Schuss.

Ich zog die Schublade auf und entnahm einige Seiten vorgedruckten Papiers. Eva blickte mich fragend an. „Wir haben den Bericht doch fertig.“ Ich nickte. „Das ist kein Bericht. Das sind Urlaubsanträge. Nächstes Jahr Weihnachten reiche ich Urlaub ein.“

Ende.

20 Gedanken zu „#Writing Friday – Knut – oder der unwillige Weihnachtsbaum“

  1. Eine sehr schöne Geschichte, liebe Rina und es ist seltsam, dass ich trotz Abo nur ganz selten mal Info über neue Beiträge dieser Seite bekomme. 🙄
    Liebe Grüße von Hanne und hab noch einen schönen Tag 🍀🌞

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    1. Vielen Dank.
      Ich freue mich, wenn du eine der Geschichten findest – aber es ist eh bisschen ruhiger hier geworden, da ich eine Schreibflaute hatte.
      Weihnachten flutschte es mal wieder und ich hoffe es bleibt…

      Hab auch einen schönen Tag. Liebe Grüsse

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  2. Guten Morgen! Erstmal; Alles gute im neuen Jahr, freut mich bist du auch dieses Jahr beim Writing Friday mit dabei!
    Ich finde es super cool gelöst, dass du zwei Geschichten miteinander verbindest!
    Dein Tannenbaum ist richtig kreativ und ich mag wie du den „Fall“ löst und vor allem wie viel Witz in der Geschichte steckt!

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  3. Nach den beiden Fällen würde ich mir auch Urlaub nehmen. ;) Ein mordender Weihnachtsbaum ist mir aber auch noch nicht untergekommen. Wirklich kreativ und vor allem spannend.
    Grüße, Katharina

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    1. Hehe….Danke, dass du beide gelesen hast.
      Nach solchen Einsätzen braucht man auf jeden Fall Urlaub und ich denke – er wird bestimmt auch zu nächsten Weihnachten Urlaub einreichen…hihi
      Ja – so manchmal braucht man bisschen Black Christmas…hihi..

      Liebe Grüsse

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  4. Großartig Deine Geschichte!! Und ja, Urlaub nehmen wäre da wohl besser…
    Ich habe mal eine Geschichte über einen Baum geschrieben, der sich geweigert hat, im Herbst sein Laub abzuwerfen. Da musste ich gerade dran denken.
    Hab noch einen schönen Sonntag
    liebe Grüße
    Nicole

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    1. Vielen Dank – ja Urlaub ist echt angebracht – er hat ganz schön was mitmachen müssen.

      Ich wünsche Dir auch einen schönen Sonntagabend.
      Liebe Grüsse

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    1. das ist wirklich eine absolut geniale Kurzgeschichte über einen Weihnachtbaum, der den normalen Weihnachtsbaumtod nicht sterben will.
      Als ich die die Januar-Themen las, ist mir auch der Weihnachtsbaum ins Auge gestochen und ich hatte auch irgendwie einen sehr wehrhaften, um sich schlagenden und seinen Abbauer mordenden Weihnachtsbaum vor Augen, von dessen Nadeln das Blut rotschimmernd tropft und seine Fluchtspur markiert.
      Leider hatte ich bisher nicht die Zeit, das Szenario um den wehrhaften Nordmann zu verfassen.
      Nur die Ideenschnipsel schafften es vermerkt zu werden.

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      1. Danke schön
        Ah – das ist ja auch cool. Da haben wir ja schon einen ähnlichen Gedanken – würde mich freuen, wenn du deine schrieben hast, sie zu lesen.

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